© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/03 12. Dezember 2003

Kolumne
Tugendterror
Klaus Hornung

Das politische Klima in Deutschland ist stickig geworden. Unentwegt verteidigen ideologische Kammerjäger und Gesinnungsgouvernanten Demokratie und Liberalität in der Bundesrepublik Deutschland - ausschließlich gegen 'Rechts', versteht sich." Das schrieb im Leitartikel der FAZ unter der Überschrift "Systematische Verlogenheit" Eckhard Fuhr am 23. Dezember 1994. Man blickte bereits auf eine lange Reihe "antifaschistischer" Kampagnen zurück: gegen den Bundespräsidenten Heinrich Lübke, den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger (1978), den Bundestagspräsidenten Philipp Jenninger (1987) und gegen Steffen Heitmann als Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten (1993). Schon seit der sogenannten "Spiegel-Krise" im Herbst 1962 war deutlich, wie die antifaschistische Linke und ihre Verbündeten in den medialen Kommandohöhen das Monopol des historisch-politischen und moralischen Wächteramtes für sich beanspruchten.

Gegen diesen Anspruch und die periodischen Kampagnen zu seiner Durchsetzung focht die Union stets in der Defensive. Die Linke brauchte die entsprechenden Winde in den Medien nur kräftig genug zu entfachen, um die CDU zum Rückzug zu veranlassen, "rechten Ballast" abzuwerfen und eigene Repräsentanten der scheinbaren "Parteiräson" zu opfern. Den Führungsetagen der Union fehlt offenbar bis heute die Einsicht in das Wesen dieser Kampagnen, unter dem Schlachtruf "Der Feind steht rechts!"" die politischen Koordinaten Stück für Stück nach links zu verschieben. Die ethische Zweideutigkeit dieses linken Kampfes um die "ideologische Hegemonie" besteht ja darin, ihren robusten Machtwillen in das eindrucksvolle Gewand hoher Menschheitsideale ("Demokratie", "Humanität", die "Lehren unserer Geschichte" etc.) zu hüllen, diese Ideale zu mißbrauchen "zu gegenwärtigen Zwecken". Anstatt aber diesen Monopolanspruch und seine Verlogenheit deutlich genug in der Öffentlichkeit zu thematisieren, wirkt das "bürgerliche Lager" zumeist wie das gelähmte Kaninchen vor der Schlange.

Dabei könnte es auf ein Arsenal zurückgreifen, etwa von Martin Walser, der in seinem Vortrag "Über freie und unfreie Rede" (1993) die Methode der Linken deutlich machte, in alles, was ihr nicht paßt, einen "rechtsextremen Horrortext" hineinzulesen. Schon damals wies Walser den selbstgerechten "Tugendterror" dieser Art von "Verurteilungskultur" der "Gewissensprüfer und Moralgiganten" mit Schärfe zurück.

 

Prof. Dr. Klaus Hornung lehrte Politikwissenschaften an der Universität Hohenheim.


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