© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/03 28. November 2003

Bedenklich
von Bernd-Thomas Ramb

Nun ist es so gekommen, wie die Kritiker vorhergesagt hatten: Der Stabilitätspakt zum Euro ist das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben wurde. Denn als er greifen soll, machen die Betroffenen kurzen Prozeß und setzen die Rechtsgrundlage außer Kraft. Frankreich und Deutschland haben gegen den Stabilitätspakt verstoßen. Die Neuverschuldung dieser Staaten wird 2004 zum dritten Mal in Folge über die zulässige Marke von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Die EU-Kommission hat deshalb zu Recht die Strafverfahren einleiten wollen, die für die betroffenen Länder Bußgeldzahlungen in Höhe von sieben bis zehn Milliarden Euro vorsehen.

Nun hat der Europäische Rat der Finanzminister mehrheitlich entschieden, daß "ausnahmsweise" der Stabilitätspakt nicht anzuwenden sei - gegen das Votum der EU-Kommission, mit den Stimmen der Täterstaaten Frankreich und Deutschland, gegen das explizite Nein einer Vielzahl nicht gerade der kleinsten Länder, wie Spanien, Niederlande, Österreich und Finnland. Des deutschen Finanzministers vollmundige Behauptung, der Stabilitätspakt sei dennoch nicht tot, klingt wie Voodoo. An Glaubwürdigkeit hat aber auch die europäische Einstellung zur Demokratie verloren. Offensichtlich können die großen Staaten machen, was sie wollen. Diese Diktatur der Großstaaten wird das Vertrauen in den Euro unterminieren. Vor seinem Untergang wird aber sicher nochmals kräftig zur Inflationskasse gebeten. Schließlich gilt es, mit dem Euro auch die Staatsschulden aufzulösen.


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