© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/03 07. November 2003

"Milch trinken ist was für Babies"
USA: Der kalifornische Gouverneur Schwarzenegger will auch umweltpolitisch Zeichen setzen / Ärger mit Ölindustrie möglich
Volker Kempf

Im ersten Votum zum Klimaschutz seit sechs Jahren hat der US-Senat kürzlich eine gemeinsame Initiative zur Treibhausgasreduktion der Industrie mit 55 gegen 43 Stimmen abgelehnt. 1997 votierten noch 95 zu null Stimmen gegen eine Umsetzung des Klimaschutzprotokolls von Kyoto. Die Tendenz ist aus Sicht der Klimaschützer damit zwar positiv, was aber im Ergebnis keinen Unterschied macht.

Unterdessen ist der republikanische Präsident George W. Bush in den USA jüngsten Umfragen zufolge immer weniger beliebt. Besonders beliebt ist hingegen der Schauspieler Arnold Schwarzenegger, der vor wenigen Wochen die Gouverneurswahlen von Kalifornien gewann. Schwarzeneggers Programm läuft Bushs Klimapolitik zuwider, wonach die Industrie künftig mehr Treibhausgase emittieren darf, wenn sie nur bereit sind, neue Fabriken in den USA zu bauen. Vor diesem Hintergrund gerät sogar Franz Alt über den neuen Gouverneur ins Schwärmen: "Vielleicht hat sich Arnold Schwarzenegger ... an seine Heimat in Kärnten erinnert. Dort wurde jahrelang die höchste Einspeisenvergütung für Solarstrom bezahlt. Regierungschef in Kärnten war und ist Jörg Haider." Schwarzen­egger, der vielen schon als Grüner unter den Republikanern gilt, will vor allem die Wasser­stoffwirtschaft forcieren. Daß dies eine saubere Technologie ist, ist unumstritten, ihre Marktfähigkeit aber deshalb noch nicht gegeben. Denn auch Ingenieure können keine sicheren Billigprodukte einfach schnell entwickeln.

Der Weg von der Forschung zur Anwendung ist immer ein mehr oder minder steiniger. Aber in eine saubere Technologie zu investieren, konkret in ein großes Tankstellennetz für Brennstoffzellen, ist eine Variante des Einsatzes von Fördergeldern, die im Sinne der Schonung von natürlicher Umwelt und von Ressourcen zukunftsorientiert ist. Schwarzenegger kann sich ein so eigenwilliges Projekt leisten, weil er nicht wie viele seiner gewichtigen Parteikollegen von der Ölwirtschaft abhängig ist. Als Multimillionär ist Schwarzenegger so frei, das anzupacken, was er für richtig hält. Sogar die Ölförderung vor Kaliforniens Küsten will er verbieten.

Streit zwischen Landwirten und Umweltschützern

Und weil der Wasserverbrauch in Kalifornien mit 400 Litern pro Kopf täglich mehr als dreimal höher als in Schwarzeneggers steirischer Heimat ist, droht Schwarzenegger in seinem Programm für die nächsten Jahre an, für Besserung zu sorgen; dazu muß er den seit Jahren andauernden Streit zwischen Landwirten und Umweltschützern schlichten. In den USA liegt umweltpolitisch also vieles im argen, so daß der "Terminator" in seinem Bundesstaat viel aufzuräumen hat. Die Waldbrände in Kalifornien, die eine Waldfläche größer als das Saarland bereits vernichtet haben, machten das nur augenfällig. Denn durch Zersiedelung stehen zwischen Los Angeles und San Diego Zehntausende Einfamilienhäuser brandgefährlich zwischen Bäumen und Gestrüpp. Bush will deshalb den Holzbestand ausdünnen. Die Holzwirtschaft wird es freuen.

Feuerökologen sehen auch die Möglichkeit, kleinere Brände einfach nicht mehr zu löschen, wodurch das Gestrüpp weniger dicht bliebe. Vor allem wird eine ordentliche Raumplanung notwendig, die Schwarzeneggers Vorgänger vermissen ließen. So wird sich der Gouverneur im Kampf gegen Katastrophen als "Terminator" profilieren können, der konsequent durchgreift. Nicht zuletzt schlägt auch das relativ hohe Bevölkerungswachstum in den USA zu Buche, das einen Wert von 0,9 Prozent ausweist - Deutschland liegt derzeit bei 0,1 Prozent.

Unangefochten bleibt für Schwarzenegger, Wasser und auch Energie zu sparen. Das hat noch keiner Volkswirtschaft geschadet. Schwarzeneggers programmatische Aussage, Ökonomie und Ökologie seien kein Widerspruch, wird dadurch aber noch nicht wahr. So wird sich der Gouverneur hüten, den Leuten das Milchtrinken auszureden, weil das für die Gesundheit besser sei und vielleicht auch für die Tiere. Auf diese Idee ist nämlich die internationale Tierrechtsorganisation Peta gekommen, die nicht nur in Kalifornien Anzeigen schaltet, auf denen Schwarzenegger zu sehen ist.

Er wird mit den Worten wiedergegeben: "Milch trinken ist was für Babies". Dabei handelt es sich um ein Zitat aus dem Film "Pumping Iron". Schwarzeneggers Anwälte forderten Peta auf, die Kampagne fallenzulassen; sie gaben als Begründung an, diese Aussage sei im Rahmen eines Filmes gemacht worden. Darauf konterte Peta, daß es sich bei "Pumping Iron" um eine Dokumentation über Bodybuilding handelt, in der Schwarzenegger sich selbst "spielte". Peta hofft nach eigenen Angaben, daß sich Schwarzenegger seiner kritischen Äußerungen zum Kuhmilchtrinken erinnern wird.

Das Erinnerungsvermögen wird aber gar nicht Schwarzeneggers Problem sein, um so kulant zu sein, die Kampagne unwidersprochen weiterlaufen zu lassen. Vielmehr ist der Umstand zu sehen, daß er der Landwirtschaft nicht in den Rücken fallen kann, weil er diese Interessengruppe für seine Wassersparpläne mit Umweltschützern an einen Tisch bringen will. Da mag es noch so richtig sein, daß Kuhmilch für Kühe da ist und nicht für Menschen, die von ihrem Konsum erwiesenermaßen verschiedene Krankheiten bekommen bekommen können, wie Osteoporose - von den weit verbreiteten Allergien und Fettleibigkeit gar nicht erst zu reden.

Politik wird auch für einen "Terminator" langsam kompliziert, bevor der Praxistest richtig begonnen hat. Das nötige Charisma und die Unabhängigkeit zur Umsetzung ehrgeiziger Ziele bringt Schwarzenegger aber mit. Das unterscheidet ihn grundsätzlich von Al Gore, der ein grünes Image pflegte, um dann im US-Präsidentenwahlkampf eine Erhöhung der Ölfördermenge zu versprechen.


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