© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/03 31. Oktober 2003

Bernhard Friedmann
Der Neue
von Ronald Gläser

Mit Kritikern aus den eigenen Reihen ist Helmut Kohl nicht zimperlich umgegangen. Dies hat auch Bernhard Friedmann erleben müssen. Der 71jährige CDU-Politiker hatte sich 1987 für eine Politik zugunsten der Wiedervereinigung ausgesprochen.

Erst kürzlich hatte Friedmann anläßlich einer Tagung des Studienzentrums Weikersheim, dessen neugewählter Präsident der Saarländer ist, Gelegenheit, daran zu erinnern: "Ich hatte damals Differenzen mit Helmut Kohl. Ich war nämlich der Meinung, die Einheit wäre auch 1986 schon machbar gewesen." Das war mutig, denn Ende der achtziger Jahre wurden Menschen, die sich die Einheit Deutschlands zum Ziel gemacht hatten, bestenfalls ausgelacht. Friedmanns These lautete, die Sowjets könnten davon profitieren, die DDR dem Westen preiszugeben. 1987 hatte Kohl Friedmanns Ansichten jedoch vom Tisch gewischt. "Blühenden Unsinn" nannte der spätere Wiedervereinigungskanzler Friedmanns Thesen aus dessen Buch "Einheit statt Raketen". Zwei Jahre später schob Kohl Friedmann nach Europa ab. Nach 13 Jahren im deutschen Bundestag wurde der promovierte Wirtschaftswissenschaftler 1989 Mitglied des Europäischen Rechnungshofes. Zeitweise fungierte er sogar als dessen Präsident.

Diese Behörde ist sicherlich eine wichtige Verwaltungsinstitution aus Sicht der Brüsseler Bürokraten. Richtige Politik konnte Bernhard Friedmann in diesem Gremium jedoch nicht mehr machen. Es erging ihm damals ähnlich wie dem Verfassungsrechtler Rupert Scholz als Verteidigungsminister: der richtige Mann an der falschen Stelle - Personalpolitik à la Helmut Kohl.

Friedmann stürzte sich mit deutscher Gründlichkeit in sein neues Aufgabengebiet. Für seinen Kampf gegen Verschwendung von Steuergeldern und gegen das verkrustete EU-Subventionssystem wurde er später von der Vereinigung der Europäischen Steuerzahler ausgezeichnet. Friedmann hat sich so sehr in Luxemburg, dem Sitz seiner Behörde, eingelebt, daß er wie sein früherer Widersacher Kohl mit jeder Faser seines Seins an den Euro glaubt. Das morsche Konstrukt der Maastrichter Kriterien hält er für ein notwendiges (und hinreichendes) Instrument zur Aufrechterhaltung der Stabilität in der Euro-Zone. Dies ist heute genauso falsch wie 1997, als Helmut Kohl diese Kriterien zur Beruhigung euro-kritischer Wählermassen erfunden hat.

Der Euro war von Anfang an falsch konzipiert. Ob die Mitgliedsstaaten drei oder vier Prozent Neuverschuldung haben, ist viel weniger entscheidend für die Preisentwicklung als die gravierenden Unterschiede, die zwischen unserer Volkswirtschaft und beispielsweise der Portugals herrschen.

Der Euro ist nicht zuletzt deshalb geschaffen worden, um die Souveränität des wiedervereinigten Deutschlands einzuschränken. So sieht das sicherlich auch Bernhard Friedmann. Auch wenn er es nicht offen ausspricht.


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