© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de 44/03 24. Oktober 2003
 


"Berlin ist der richtige Standort"
Vertreibungszentrum: CSU-Politiker Günther Beckstein greift auf Schlesiertreffen die rot-grüne Bundesregierung scharf an
Johannes Schmidt

Vorrangig vor allen wirtschaftlichen Aspekten" nannte der stellvertretende bayerische Ministerpräsident und Innenminister Günther Beckstein im Blick auf Polen und Tschechien den "offenen, ehrlichen Umgang mit der Geschichte". Wahrheit und Gerechtigkeit seien bei der Aufarbeitung der Tragödie der Vertreibung und der Gestaltung der Zukunft Europas und der Sicherung des Friedens die "Schlüssel zur Versöhnung und zum inneren Frieden".

Becksteins Rede war der Höhepunkt der Landesdelegiertentagung des Landesverbandes Bayern der Landsmannschaft Schlesien. Der Bundesvorsitzender Rudi Pawelka ehrte ihn mit der höchsten Auszeichnung der Landsmannschaft, dem "Schlesierschild".

Vor den Delegierten aus ganz Bayern im großen Saal des Kolping-Hospiz in Weißenburg (Mittelfranken) bekräftigte Beckstein, die Bayerische Staatsregierung sei ein "verläßlicher Freund der Heimatvertriebenen". Dies komme zum Ausdruck unter anderem dadurch, daß die Geschichte und Kultur der Deutschen im Osten an den bayerischen Schulen und Universitäten fester Bestandteil von Unterricht, Lehre und Forschung sei und viele Bestrebungen darauf ausgerichtet seien, das Thema Flucht und Vertreibung bei der Jugend im Bewußtsein zu halten. Hinzu kämen auch der regelmäßige Schülerwettbewerb "Die Deutschen und ihre östlichen Nachbarn" und Zeitzeugenprojekte für Schüler mit der Erlebnisgeneration.

Heftige Kritik übte Beckstein an der immer weiter reduzierten Unterstützung der Vertriebenen durch Rot-Grün in Berlin. Dies komme hochaktuell auch zum Ausdruck in der mangelnden, letztlich ausbleibenden Förderung des Projektes des Zentrums gegen Vertreibungen in der deutschen Hauptstadt. Der dienstälteste deutsche Innenminister warf der Bundesregierung vor, hier und bei ähnlichen Verpflichtungen "in unanständiger Weise abzutauchen".

Die Bayerische Staatsregierung habe die Idee des "Zentrums" von Anfang an unterstützt. Große Anstrengungen hätten die Deutschen unternommen, die Jahre zwischen 1933 und 1945 kritisch aufzuarbeiten, mit Hunderten von Mahn- und Gedenkstätten. Jetzt sei eine zentrale Gedenkstätte über die Vertreibung mit einem "Ja zu Berlin" als Standort notwendig. Immer mehr Menschen in Polen und Tschechien, gerade die dortige junge Generation, wollten die wahrhaftige Aufarbeitung der eigenen Geschichte. Unerträglich seien Äußerungen des tschechischen Ministerpräsidenten und Vorsitzenden der Sozialdemokraten, Vladimir Spidla, der die Vertreibung als "Quelle des Friedens" bezeichnet habe.

In der Laudatio auf den Innenminister würdigte Christian K. Kuznik, stellvertretender Bundesvorsitzender der Landsmannschaft Schlesien, den ausgeprägten Rechts- und Gerechtigkeitssinn des Geehrten. Dem Zeitgeist zum Trotz habe er sich nie gescheut, für die Anliegen der Vertriebenen einzutreten.

Der Bundesvorsitzende Pawelka nannte als Gründe für die "Aufgeregtheiten" um das Zentrum gegen Vertreibungen das "schlechte Gewissen" und die Tatsache, daß man das Problem der Vertreibung so lange "unter den Teppich gekehrt hat ... Jetzt fängt es an zu stinken".

Hohe Anerkennung sprach der Landesvorsitzende der Landsmannschaft Schlesien, Helmut Riedel, dem Freistaat Bayern und Ministerpräsident Edmund Stoiber für die Unterstützung aus. Besonders hervorgehoben wurde auch die seit zehn Jahren bestehende Partnerschaft mit dem Deutschen Freundschaftskreis Gleiwitz. Der dortige Kreisvorsitzende Friedrich Schikora, reiste zusammen mit seinem Stellvertreter Oskar Duk von der Landesversammlung an. Sowohl der Landesvorsitzende Helmut Riedel als auch der Vorsitzende des Gleiwitzer Deutschen Freundeskreises, Friedrich Schikora, betonten die besondere Bedeutung der engen freundschaftlichen Verbindung zwischen den vertriebenen und in der Heimat verbliebenen Landsleuten.

Schikora sprach von einer wirksamen Brücke zu den "bayerischen Schlesiern und verwies auf den jahrelangen "Kampf für unsere Rechte". Riedel stellte die positiven Wirkungen eines Fortbildungsseminars für Deutschlehrerinnen aus dem Kreis Gleiwitz im bayerischen Pfarrkirchen heraus. Dieses Seminar wurde mit Unterstützung der bayerischen Staatskanzlei durchgeführt.


 
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