© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/03 03. Oktober 2003

 
Tag der deutschen Einheit: Für die Medien ist der 3. Oktober ein Tag wie jeder andere
In der Glotze nichts Neues
Ronald Gläser

Taufen wir den Nationalfeiertag jetzt um in "Arbeitsfreien Tag mit lekkerem Essen"? Offenbar gibt es nichts zu feiern. Jedenfalls ist das Fernsehprogramm am Tag der Deutschen Einheit mal wieder ziemlich lustlos zusammengestellt worden.

Am Vortag des Nationalfeiertags langweilt uns das Fernsehen mit den üblichen Verdächtigen. Es laufen die normalen Gerichtsshows und Seifenopern. Erst kommt auf Vox die 1.713. Folge von "Unter uns". Am späteren Nachmittag wird dann die langersehnte 2.186. Folge von "Unter uns" auf RTL ausgestrahlt. Gleichzeitig sendet Arte, das deutsch-französische Gemeinschaftsprojekt, das Gesellschaftsporträt "Projekt Machtwechsel". Eine Dokumentation der Wende in der DDR? Nein, es ist ein Bericht über vier junge Leute, die 1992 Wahlkampf gegen die britischen Torries und für die Labourpartei machen. Um 21.15 Uhr strahlt RTL "Die Bismarck - Geheimnisvolle Expedition zur deutschen Titanic" aus. Schon der Vergleich zwischen einem der mächtigsten Schiffe der deutschen Kriegsmarine und dem Luxusliner hinkt gewaltig. Wir können uns auf eine sehr fragwürdige Dokumentation einstellen. Der erste Sender, der am Vorabend des Nationalfeiertages an die deutsche Einheit erinnert, ist 3sat. Der Kanal bringt um 22.25 Uhr die Dokumentation "Der Aufstand" über den Juni 1953. Aber das war es dann auch schon mit deutscher Einheit am 2. Oktober.

Am nächsten Morgen überträgt die ARD pflichtgetreu den Festgottesdienst im Magdeburger Dom. Mittags legt das ZDF nach und begleitet den Festakt in der Magdeburger Stadthalle. Käpt'n Schröder hält eine Rede, und eine Kapelle macht Musik. Dann endlich springt auch das ZDF auf die Ostalgiewelle auf. Gezeigt wird eine Dokumentation mit dem Titel "Feeling Ost - Rocklegenden on Tour". Ja, das ruft Erinnerungen an die schönen Weltfestspiele der Jugend wach. Damals habe die Ostrockszene die "Hoffnung auf eine weltoffene, liberale Gesellschaft" geweckt, behauptet das ZDF. Die Kollegen von 3sat langweilen uns dagegen mit einem "Roadmovie", das die Lebensgeschichte eines Portugiesen in Deutschland erzählt. Titel: "Dieses Land ist mein Land". Am Nachmittag zeigt uns Kabel 1 das italienische Heldenepos "Die Königstiger von El Alamein". Weil es so schön war, wiederholt Arte währenddessen das "Projekt Machtwechsel".

Abends droht dann der mediale Tiefschlag von Sat 1: "Busen, Broiler und Bananen" heißt ein Bericht über "nackte Tatsachen in der DDR". Hinterher zeigt uns der selbsternannte Familiensender die Ost-Satire "Sonnenallee". Der Film lief zwar mit großem Erfolg im Kino, dem Zuschauer können wir aber getrost raten, sich neunzig Minuten Langeweile zu ersparen. Dann schon lieber den nächsten (deutschen) Kabel1-Kriegsfilm ansehen: "Stalingrad" von 1992.

Wenigstens das öffentlich-rechtliche Staatsfernsehen hat nicht ganz vergessen, daß der 3. Oktober ein Gedenk- und Feiertag ist . Vor den Tagesthemen bringt die ARD eine Dokumentation von höherer Qualität. "Achtung Volkspolizei" lautet der Titel einer Sendung, die wenigstens ein bißchen an den Unrechtsstaat erinnert, den man vor dreizehn Jahren in den Orkus der Geschichte entsorgt hat. Ansonsten läuft auf allen Kanälen der übliche Mix aus Infotainment, Unterhaltung und Comedy. Es gibt keine Diskussionssendung, kaum einen Film, der die deutsch-deutschen Beziehungen berührt, nichts Patriotisches. Für das deutsche Fernsehen ist der 3. Oktober ein Tag wie jeder andere.


 
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