© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/03 03. Oktober 2003

 
Frisch gepresst

Sozialstaat. Die Lage ist düster für die Zukunft der 120 Jahre alten sozialen Sicherungssysteme, obwohl sich noch bis in die jüngste Vergangenheit unser Rentensystem, die Krankenversicherung und die Fürsorge als Erfolgsmodelle bewährt haben. Die Tübinger Wirtschaftswissenschaftlerin Gabriele Metzler, die in ihrer Darstellung der Geschichte des deutschen Sozialstaates die Entwicklung mitsamt ihrer Brüche durch Weltkriege, Inflation aber auch Wiedervereinigung aufzeigt, hält die momentane Situation, die trotz Massenarbeitslosigkeit "kein systembedrohendes Potential an Unzufriedenheit" hervorgebracht hat, für einen nicht geringzuschätzenden Erfolg dieses langsam erodierenden Systems. Für die Zukunft werden weniger "hausgemachte" Probleme wie die demographische Verschiebung, sondern eher der Faktor Globalisierung als Sterbeglöckchen des Status quo gedeutet. Da laut Metzler irgendwann die Europäische Union die Rolle des Garanten des sozialen Systems einnehmen muß, dürften sich die Deutschen zumindest auf eine drastische Reduzierung ihrer im europäischen Vergleich hohen Ansprüche einstellen (Der deutsche Sozialstaat. Vom bismarckschen Erfolgsmodell zum Pflegefall. Deutsche Verlagsanstalt, München 2003, 269 Seiten, 22,90 Euro).

Kriege der Zukunft. Der Berliner Politologe Herfried Münkler stellt in seiner Untersuchung, die binnen kurzer Frist bereits die sechste Auflage erfahren hat, die Entwicklung vom zwischenstaatlichen Krieg zu innergesellschaftlichen Dauerkonflikten dar. Dabei sieht er in den heterogenen Interessen verschiedener heutiger Kriegsfürsten, Mafiabosse, Terroristen und Diktatoren Parallelen zu Kriegstreiber der frühen Neuzeit, wie Münkler in seinen historischen Exkursen in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges aufzeigt. Das Phänomen dieser Kriege mit aufgelösten Fronten, wie sie in Afrika schon gang und gäbe sind, sieht er auch anderswo als unausweichlich. Besonders dort, wo die geschaffenen staatlichen Strukturen die zufälligen Konstrukte fremder Mächte sind - gerade die früheren Kolonien sind hierfür beispielgebend -, erweisen die Staaten sich als nicht stark genug, um dieser Entwicklung entgegenzutreten. Selbst in Europa deuten sich auf dem Balkan und Teilen Osteuropas ähnliche Verhältnisse an (Die neuen Kriege. Rowohlt Verlag, Reinbek 2003, 285 Seiten, Fotos, 19,90 Euro).


 
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