© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    39/03 19. September 2003

 
Abschied vom Mann in Schwarz
Ulrich Kriehn

Mehr als tausend Fans und Freunde, darunter zahlreiche Prominente, haben am Montag dieser Woche der Beerdigung von Johnny Cash in der Nähe von Nashville beigewohnt. Die Country-Legende war im Alter von einundsiebzig Jahren am 12. September gestorben. Der in Arkansas als Sohn armer Farmer geborene John Ray Cash war eine der Ausnahmeerscheinungen in der eher hinterwäldlerisch-patriarchalischen Musikszene. Zwar war er in dieser Tradition verwurzelt, aber in seinen Texten und seiner künstlerischen Präsenz erschlossen sich neue Horizonte. Cash, der seine Kindheitserinnerungen, bei denen Armut, Familienleben und christlicher Glaube prägende Faktoren waren, zu authentischen Liedern ("Pickin' time") verarbeitete, startete nach dem Militärdienst in Landsberg am Lech eine steile Karriere: 1955 saß er in einer legendären Session mit Elvis Presley, Jerry Lee Lewis und Carl Perkins im Studio. Aber der Sänger mit dem rauhen Baß kannte seine Grenzen. Er sprang nicht auf den kommerziellen Zug des Rock'n'Roll auf, sondern blieb der Country-Musik verhaftet.

Cash gehörte zu den ersten Förderern des jungen Bob Dylan, und man kann sich kaum einen größeren Gegensatz vorstellen als die urbane Boheme von Greenwich Village und die ländliche, bodenständige und patriotischen Werten verpflichtete Country-Szene. Cash spielte auf dem New Port Folk Festival 1964 neben Dylan, Donovan, Joan Baez und Odetta, er veröffentlichte mit "Bitter Tears" ein Konzeptalbum, das sich mit dem Schicksal der Indianer befaßte, und skizzierte damit verdrängte Schattenseiten des amerikanischen Traums.

In den siebziger Jahren war Cash auch gefragter Filmdarsteller an der Seite von Peter Falk ("Columbo") und Kirk Douglas, drehte selbst Specials über die amerikanische Eisenbahnromantik ("Ride this train"), trat in Predigtversammlungen mit Billy Graham auf und war Produzent eines Spielfilms über das Leben Jesu ("The Gospel Road"), was dem "Man in Black" zusätzlich zu seiner für säkulare Ohren ungewöhnlich frommen Biographie viele Verrisse in Deutschland einbrachte.

Aber Cash war bereit, aller Routine immer wieder zu entsagen und neue Anfänge zu wagen: Zusammen mit den von ihm geförderten Talent Kris Kristofferson, Waylon Jennings und dem inzwischen verstorbenen Waylon Jennings. brachte er die CDs "Highwayman" (1989/1990) heraus.

Johnny Cash, dessen künstlerischer Kraft getragen war von seiner Erdhaftigkeit und seiner Verwurzelung in den einfachen Dingen, galt zu Recht als "Dylan ohne Metaphern". 


 
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