© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    31-32/03 25. Juli / 01. August 2003

 
Aus der Ansprache von Günter Zehm

Ich mußte heute an Mark Twain, den berühmten amerikanischen Autor und alten Freund der Deutschen, denken. Er sollte in Heidelberg einmal - ziemlich verspätet - eine kleine Festansprache halten. Die Akademiker von Heidelberg baten ihn so sehr, obwohl er es nicht gern machte, weil er sah, daß sie jetzt essen und nicht irgendwelche Reden anhören wollten. Er sagte dann unwirsch: "Liebe Festgäste, freßt feste!". Das war die Rede von Mark Twain.

Ich erinnere an das berühmte Jungenpaar Mark Twains, nämlich Tom Sawyer und Huckleberry Finn, deren Geschichte in Amerika seit einiger Zeit auf dem Index steht: Sie werden aus den Schulen, aus den Bibliotheken verbannt, weil man sie für rassistisch hält und für politisch unkorrekt. So dürfen also Tom Sawyer und Huckleberry Finn nicht mehr in den Schulen gelesen werden. Und da ist nun die Parallele mit der JUNGEN FREIHEIT mit den Händen zu greifen. Einen Augenblick lang sollten wir Tom Sawyer und Huckleberry Finn mit Dieter Stein und seinem Adlatus Thorsten Thaler vergleichen, wobei Sie sich dann selbst aussuchen können, wer der Tom und wer der Huck sein soll. Beide, Huck und Tom, waren doch, wie Sie sich erinnern, irgendwie notwendig damals in diesem Mississippi-Nest, aus dem sie stammten, um es überhaupt ein bißchen aufzumischen und ein bißchen Spaß in die Bude zu bringen! Man muß sagen: Stein und Thaler und ihre Mitstreiter werden gebraucht hier in Berlin, unser spießbürgerliches Spreenest ein bißchen aufzumischen und für ein bißchen publizistischen Mut zu sorgen!

Es gibt jedenfalls ernst zu nehmende Leute, mit denen ich sprach, die sagen, die JUNGE FREIHEIT sei die einzige Zeitung die Berlin noch ein bißchen als Zeitungsstadt rechtfertigt, die überregional ausstrahle und die mit ihren Reden für echte Diskussionen sorge. (...) Die Dinge, meine liebwerten Damen und Herren, die laufen in Deutschland nicht unbedingt gut, es gibt viele Schwierigkeiten, gerade für Zeitungen wie die JUNGE FREIHEIT. Herr Stein hat es vorhin gesagt, die Druckerei wurde vor noch gar nicht langer Zeit in die Luft gejagt, es gab Überfälle in der Redaktion mit vorgehaltenen Revolvern, und es ist gerade mal zwei Jahre her, daß sie der Zeitung die Bankkonten abdrehen wollten, um sie so mit ihren Geschäften außer Gefecht zu setzen. Die Dinge sind nicht leicht, um so größer meine - und ich bin sicher, auch Ihre - Hochachtung und Sympathie und Liebe für Stein und seine Mannschaft.

Druck erzeugt Gegendruck, und die Versuche mächtiger Instanzen im Lande, diese tapfere Zeitung außer Gefecht zu setzen, erzeugen Sympathie, prägen Freunde und Förderer und Leser, und insofern stehen die Dinge nun wieder gar nicht so schlecht. Es ist jedenfalls meine Erfahrung aus dem akademischen Milieu zum Beispiel, daß eine ganze Reihe von Dozenten und Studenten, die das Blatt vielleicht gar nicht so regelmäßig lesen und vielleicht noch nicht abonniert haben, trotzdem außerordentlich gut Bescheid wissen, was drinsteht und was da läuft, und es einem dann auch unter vier Augen sagen: Daß sie das Blatt ganz toll finden und daß sie sich dort eigentlich ganz gerne vernehmbar machen würden.

Aber da haben Sie gleich die ganze Misere! Diese Leute sagen dann nämlich: "Erstens müssen wir dann eben doch fürchten, daß unser Verleger uns strafend anblickt und daß wir aus der Öffentlichkeit dies und jenes erfahren, außerdem zahlen die bei der JF auch nicht so, wie wir es gewöhnt sind ..."

Aber ich glaube, soweit ich Sie nun kenne, die vielen wichtigen Redakteurinnen und Redakteure - nein, es sind nicht viele: die wenigen, aber außerordentlich begabten, tüchtigen, tapferen und gutgelaunten Redakteure lassen sich dadurch nicht einschüchtern!


 
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