© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    31-32/03 25. Juli / 01. August 2003

 
Aus der Ansprache von Alain de Benoist

Ich gehöre zu denen, die die Geburt der JUNGEN FREIHEIT vor über fünfzehn Jahren miterlebt haben. Damals war sie eine sympathische kleine Zeitschrift, wie ich schon viele andere gesehen hatte. Aber im Gegensatz zu vielen anderen ist die JUNGE FREIHEIT groß geworden. Sie hat wachsen können dank des Mutes und des Willens, von dem sie getragen worden ist. Im Juli 1993, vor genau zehn Jahren, zog die Redaktion nach Berlin um, und innerhalb von Monaten wurde aus der in Freiburg im Breisgau geborenen Zeitschrift eine Wochenzeitung, die sich ihren Platz in der deutschen Medienlandschaft erobert hat und die heute allgemein bekannt, wenn auch nicht überall anerkannt, ist.

Daß Auflagenzahl und Verbreitung einer Zeitung nie groß genug sind, liegt in der Natur der Sache. Dieter Stein würde sich sicherlich eine sechsmal so große Auflage wünschen. Selbstverständlich teile und verstehe ich seinen Wunsch, aber für meinen Teil muß ich gestehen, daß mir schon das heute Erreichte außerordentlich erscheint. Mit äußerst eingeschränkten Mitteln, trotz aller möglichen Hindernisse, die ihr in den Weg gelegt wurden, ist es der Mannschaft der JUNGEN FREIHEIT innerhalb weniger Jahre gelungen, eine Zeitung aufzubauen, die auf intellektueller Ebene zu den anregendsten und auf technischer Ebene zu den am besten gemachten gehört, die derzeit im Handel sind. Diesen Erfolg verdankt sie nicht nur ihrer geistigen Freiheit, sondern auch ihrer Energie, ihrem Fleiß, vor allem aber ihrem Mut.

Schon seit meiner Jugend bin ich ständig in ganz Europa unterwegs. In jedem Staat bin ich auf viele interessante redaktionelle Initiativen gestoßen, die es verdienten, gefördert zu werden. Trotzdem kann ich Ihnen sagen, daß es derzeit nirgends eine andere Wochenzeitung gibt, die sich mit der JUNGEN FREIHEIT vergleichen ließe. Dessen sind sich die Macher der Zeitung selbst überhaupt nicht bewußt. Ich habe es ihnen erst sagen müssen.

Um auf die JUNGE FREIHEIT selbst zu sprechen zu kommen: Der Begriff, der mir spontan einfällt, ist der Begriff der Ausgewogenheit, des Gleichgewichts. Zunächst einmal gibt es ein redaktionelles Gleichgewicht zwischen den Seiten, die sich mit der Tagespolitik auseinandersetzen, und andererseits den kulturellen Seiten. Letztere stellen - nicht zuletzt dank der bemerkenswerten "Pankraz"-Kolumne - eine intellektuelle Bereicherung dar. Ausgewogenheit herrscht auch im Tonfall der Zeitung insgesamt: Die Mannschaft der jungen freiheit hat es verstanden, einer ganzen Geisteshaltung neues Leben einzuhauchen, ohne dabei jemals der nostalgischen Selbstzufriedenheit oder aber dem Extremismus zu verfallen. Ausgewogenheit schließlich bezüglich der Standpunkte, die zum Ausdruck kommen: In einem Moment, da allerorten das "Konsensdenken" triumphiert, werden in der JUNGEN FREIHEIT unterschiedliche Standpunkte vertreten und stoßen freundschaftlich aufeinander - Zeugnis einer unvergleichlichen geistigen Offenheit und eines richtig verstandenen Pluralismus. (...)

Schließen möchte ich (...) mit einem Bild. Wir befinden uns auf einem Boot, das durch Berlin fährt. Ein solches Schiff ist auch die JUNGE FREIHEIT. Sie ist ein Schiff, das sich vorgenommen hat, Deutschland zu durchfahren, und mit Deutschland auch Europa durchquert. Wir alle lieben diese Zeitung. Sie zu lieben, ist aber nicht genug, sondern wir müssen sie auch konkret unterstützen und ermutigen und ihr damit ermöglichen, noch weiter zu kommen. Die junge freiheit ist eine Zeitschrift, die - neben vielem anderen - den Deutschen erlaubt, zu sich selbst zurückzufinden. Immer wieder heißt es, die heutigen Deutschen zögerten, auf ihr Land stolz zu sein. So sei es einem Franzosen gestattet, zu sagen, daß er für seinen Teil sehr stolz ist, einem Europa anzugehören, dessen Mittelpunkt Deutschland bildet.


 
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