© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    30/03 18. Juli 2003

 
PRO&CONTRA
Maut einführen - Ökosteuer senken?
Manfred Carstens / Engelbert Fassbender

Der Autofahrer, die "Melkkuh der Nation" - und jetzt auch noch die Maut für alle? Es muß heißen: Gerade deshalb die Maut für alle! Denn die Tatsache, daß die rot-grüne Steuerpolitik der letzten Jahre den Autofahrer mit nichtzweckgebundenen Abgaben wie Mineralöl-, KfZ- und Ökosteuer zum größten Finanzierer des allgemeinen Haushaltes macht, ist der erste Grund, der für die Einführung einer Autobahnmaut auch für PKW spricht. Eine solche Gebühr sollte dagegen eine ganz zielgerichtet nur zugunsten des Ausbaus der Verkehrsinfrastruktur einsetzbare Abgabe sein. Sie könnte damit zum Auslöser eines konjunkturellen Anschubprogrammes werden, das wir so dringend benötigen, um unsere wirtschaftlichen und finanziellen Probleme lösen zu können.

Die kurzfristige Bewältigung dieser Aufgabe hat dabei so im Vordergrund zu stehen, daß für die erste Einführungsphase auch noch von einer Kompensation durch Absenkung der Ökosteuer abzusehen wäre. EU-rechtlich wäre eine sofortige Entlastung der deutschen Autofahrer sowieso nicht möglich, sollte aber spätestens ab 2006 in adäquatem Rahmen erfolgen.

Einzubetten wäre eine Maut in die Übertragung des Autobahnnetzes auf eine "Autobahn AG", die lediglich eine Ablöse für die noch im Bau befindlichen Strecken zu zahlen hätte. Diese Mittel stünden kurzfristig dem Haushalt zur Verfügung. Langfristig wäre zugleich der Einstieg in den effizienteren unternehmerischen Betrieb des Autobahnnetzes geschafft.

Der Bund selbst könnte sich um so mehr den anderen Verkehrsträgern widmen, der konjunkturelle Anschub bliebe nicht auf den Straßenbau beschränkt. Fast alle unsere Nachbarn machen es uns mit ihren Mautregelungen vor: Nutzen auch wir unser wertvolles Autobahnnetz in ökonomisch sinnvoller Weise!

 

Manfred Carstens ist Bundestagsabgeordneter der CDU und Vorsitzender des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestags.

 

 

Die Sommerlochsaison ist eröffnet. Während in den vergangenen Jahren Hinterbänkler mit epochalen Vorschlägen wie Nummernschildern für Inline-Skater oder der Eingemeindung Mallorcas als siebzehntes Bundesland auf sich aufmerksam machten, ist es jetzt die generelle Auto-Maut.

Bemerkenswert entlarvend ist der Hinweis, daß die Maut ein probates Mittel sei, vorhandene Haushalts­löcher zu stopfen. Zwar sind die Autofahrer daran gewöhnt, für andere Zwecke als zur Finanzierung und Instandhaltung der Verkehrswege zur Ader gelassen zu werden - siehe Ökosteuer und Rentenfinanzierung. Die hat aber wenigstens den Nebeneffekt, verbrauchsabhängig und damit tendenziell regulierend auf Fahrverhalten, Fahrzeugentwicklung und letztlich die Umweltbelastung zu wirken.

Eine generelle Automaut trifft dagegen jeden, egal ob Viel- oder Wenigfahrer, Groß- oder Kleinwagenbesitzer, Berufspendler oder Gelegenheitsfahrer. Sie wäre zudem ein weiterer Kaltguß für das gerade vorsichtig keimende Pflänzchen Aufschwung. Die Kfz-Zulassungszahlen haben sich eben erst langsam erholt. Da würde die Maut wie eine Strafabgabe auf jedes neue Fahrzeug wirken. Daß der Vorschlag ausgerechnet von Sprechern der CDU/CSU stammt, die doch eigentlich weniger Steuern und Abgaben fordern, damit die Konjunktur endlich anspringt, wirft ein bezeichnendes Licht auf deren Glaubwürdigkeit.

Äußerste Vorsicht ist deshalb auch geboten, wenn als "Gegenleistung" mit einer Reduzierung der Öko-oder der Kfz-Steuer gewinkt wird. Die Folge wären nur neue Haushaltslöcher, das oben erwähnte angepeilte Ziel würde verfehlt. Am Ende drohte dann beides: Die Einführung der Auto-Maut und die Beibehaltung von Öko- und Kfz-Steuer in der bisherigen Form. Der Autofahrer wäre dann doppelt der Dumme.

 

Engelbert Faßbender ist Pressesprecher des Automobil-Club Verkehr (ACV).


 
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