© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    26/03 20. Juni 2003

 
Frisch gepresst

Berliner Schloß. Unter den Berliner Schlössern ist nur jenes von politischer Bedeutung, das es seit 50 Jahren nicht mehr gibt: das Königsschloß der Hohenzollern in Mitte. Die hitzige nationale Debatte um Für und Wider des Wiederaufbaus währt nun über zehn Jahre, und bevor auf dem Areal des vor sich hinrottenden Palastes der Republik ein schloßähnliches Gebilde steht, dürften noch zwanzig Jahre vergehen. Die Zahl der Bücher, die über Andreas Schlüters monumentalen Profanbau geschrieben wurden, suggeriert, daß morgen bereits der erste Spatenstich anstünde. Da sind natürlich primär die dicken Bände Goerd Peschkens (1992/1998) nennen. Auf deren Spuren wandelt nun der junge Kunsthistoriker Guido Hinterkreuser, dessen an architekturgeschichtlicher Akribie kaum zu übetreffende Arbeit nicht die "historische Grundlage für den Wiederaufbau des Schlosses" liefern möchte (Das Berliner Schloß. Siedler Verlag, Berlin 2003, 512 Seiten, Abbildungen, Leinen, 39,90 Euro).

Hitler privat. Das Medieninteresse am Privatleben des vorletzten Kanzlers des Deutschen Reiches ist so ungebrochen, daß Wetten abgeschlossen werden dürfen, wann Guido Knopp uns endlich mit dem packenden Fünfteiler "Hitlers Hunde" in den Bann schlägt. Die Internationale der Schlüssellochgucker ist nicht einmal durch die "Tagebücher"-Pleite des Stern irritiert worden, und ihre Sensationsgier ließ sich auch durch "Schtonk" nicht satirisch ausbremsen. Entstanden ist dieses ganze Hofklatsch-Gebräu lange vor 1945, nicht selten in der Gerüchteküchen einstiger "Mitkämpfer" wie Otto Straßer. Medial wurde es dann von jenem Typ "Presseoffizier" für die US-Propaganda ausgeschlachtet, der später als "Vernehmungsoffizier" die Verhöre mit prominenten "Nazis" führte. Wer in dieser unappetitlichen Materie sicheren Grund betreten will, der sollte sich an Anton Joachimsthaler halten. Mit der Geduld des Familien- und Heimatkundlers leuchtet er Hitlers privates Beziehungsgeflecht aus, widerlegt quellenkritisch von angeblichen "Zeitzeugen" wie Henriette von Schirarch fabrizierte Legenden und erstellt so ein solides "Wer ist wer?", dessen Personal aber meistens nicht, wie im Fall des Verlegerehepaares Bruckmann oder der Filmkünstlerin Leni Riefenstahl, von historischer Statur ist (Hitlers Liste. Ein Dokument persönlicher Beziehungen. Herbig, München 2003, 616 Seiten, Abbildungen, 34,90 Euro).


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen