© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    17/03 18. April 2003


"Neue Rechte"
Positionen und Begriffe
Dieter Stein

In der letzten Ausgabe berichtete die JUNGE FREIHEIT über die andauernden Grundrechtsverstöße des nordrhein-westfälischen Innenministeriums, das ohne Belege anzuführen diese Zeitung im dortigen Verfassungsschutzbericht unter Extremismus-Verdacht stellt. Dieser "Privatkrieg von NRW gegen die JF" (Alexander von Stahl) nimmt immer bizarrere Züge an. Die Düsseldorfer Verfassungsschützer glaubten dabei frühzeitig einen Begriff ausgeknobelt zu haben, mit dem sie beliebig gegen alles, "was nicht auf dem linken Flügel der SPD beheimatet ist" (Helmut Markwort über den NRW-Verfassungsschutz), vorgehen können. Diesem Begriff gaben sie den Namen "Neue Rechte". Es wäre fatal für die Demokratie, wenn sie mit dieser Erfindung Erfolg hätten.

Schon frühzeitig bemühte sich der NRW-Verfassungsschutz, der sich gerne als Avantgarde unter den 16 Landesämtern in Deutschland versteht, diesen operativen Kampfbegriff durchzusetzen. Doch wie er selbst in einer Broschüre "50 Jahre Verfassungsschutz und politischer Extremismus in Nordrhein-Westfalen" 1999 einräumen mußte, wollten ihm die anderen Länder bisher nicht folgen: "Seit 1992 (waren) Abstimmungsversuche des Innenministeriums NRW vorausgegangen, mit dem Bund und den Landesbehörden zu einer einheitlichen Auffassung zu gelangen. Ein bundesweiter Konsens wurde bis heute nicht gefunden."

Zehn Jahre danach bastelt NRW immer noch an einer überzeugenden Definition dieses Begriffs herum, der auch in jüngster Zeit wegen seiner offenkundigen Anfälligkeit zum Mißbrauch Widerspruch erntete. So monierte beispielsweise der sächsische Innenminister in seinem Jahresbericht 2000 über diesen umstrittenen Begriff ausdrücklich: "In diesem Zusammenhang wird häufig der Begriff 'Neue Rechte' verwendet. Er ist aber nicht allgemein verbindlich definiert. Mit ihm werden sowohl die Intellektualisierung des Rechtsextremismus als auch Vertreter demokratisch konservativer Position in Verbindung gebracht. Wegen der Unschärfe eignet sich der Begriff nicht für die Arbeit der Verfassungsschutzbehörden."

Dem möchte NRW nun abhelfen. Mit dem Begriff der "Neuen Rechten" will man ein Instrument schaffen, um den Extremismus-Begriff tief in die bürgerliche Mitte auszuweiten und konservative und "rechte" Positionen - und damit die bürgerliche Opposition - unter Druck zu setzen. Auf einer Fachtagung am 8. Oktober 2003 in Düsseldorf will man nun klären: "Die Neue Rechte - eine Gefahr für die Demokratie?" Worum es eigentlich geht, macht das Einladungsblatt bereits optisch deutlich: Auf dem Titel prangt warnend der Schriftzug der JUNGEN FREIHEIT. Begrüßt von Innenminister Fritz Behrens werden sich einschlägig bekannte Referenten wir Kurt Sontheimer und Wolfgang Gessenharter bemühen, diesem anrüchigen Begriff Leben einzuhauchen. Wer schützt die Verfassung eigentlich vor diesen Verfassungsschützern?

Informationen: Innenministerium Nordrhein-Westfalen, Postfach 103013, 40021 Düsseldorf, www.im.nrw.de 


 
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