© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/03 04. April 2003

 
Frisch gepresst

DDR-Unrecht. In Zeiten, da die Betrachtung des "ersten antifaschistischen Staates auf deutschem Boden" immer mehr zur "Ostalgie" gerät, sind Bücher über die Schattenseiten dieses Unterdrückungsstaates notwendig und verbreitungswürdig. So hinterläßt die autobiographische Betrachtung des Jenaers Baldur Haase nur Kopfschütteln über die Groteskten in der DDR, in der das Interesse an bestimmten Büchern härteste Reaktionen des Arbeiter- und Bauernstaates auslöste. Besonders die Werke George Orwells scheinen wegen ihres hohen Wiedererkennungswertes die Machthaber mit Angst und Schrecken erfüllt zu haben, denn Haase wurde wegen Lektüre und Weitergabe von "1984" drei Jahre eingesperrt. Auch anderen Leidensgenossen wurde der Besitz dieses Buches oder des von "Farm der Tiere" als "staatsgefährdende Propaganda und Hetze" ausgelegt und gnadenlos mit langer Haft bestraft (Briefe, die ins Zuchthaus führten. Orwells "1984" und die Stasi. DDR-Erinnerungen 1948-1961, JKL-Zeitgut Publikationen, 224 Seiten, 19,80 Euro).

Friesische Heroen. Viele Schulchroniken, die zu runden Jubiläen angestrengt werden, begeistern allenfalls Schüler, Lehrer und Ehemalige. Leider hat die Festschrift anläßlich des 475jährigen Bestehens der Husumer Gelehrtenschule, die heute nach dem Reformator Hermann Tast benannt ist, die Gelegenheit ungenutzt gelassen, den Rezipientenkreis wesentlich über diese Gruppe zu vergrößern. Obwohl man als traditionsreiche Bildungsanstalt auf eine ganze Galerie bedeutender Schüler verweisen könnte, widmet sich der Rückblick lieber der "Oral-History" noch lebender Ex-Schüler oder den "Streiflichtern heutiger Pädagogik", die den Leser mit kultuspolitischen Eigenheiten aus Schleswig-Holstein langweilen. Dabei hätte man gerade im Ausblick auf das Mommsenjahr eine ausführliche Würdigung dieses großen Sohnes der Schule erwartet. Selbst auf die stolze Präsentation des deutschlandweit bekannten Theodor Storm wird bis auf einen kleinen Artikel verzichtet (Hermann-Tast-Schule. 475 Jahre Husumer Gelehrtenschule. Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, Husum 2002, 248 Seiten, 16 Euro).

Ökokapitalismus. "Wie lege ich mein Geld an, damit nicht nur die Dividende, sondern auch das Gewissen positiv beeinflußt wird", fragten sich vor nicht einmal zwanzig Jahren Ökoaktivisten, Friedensbewegte und Globalisierungsgegner, deren Feindbild damals einfacher mit "Imperialismus" beschrieben wurde. Heutzutage ist aus diesem Projekt ein viele Milliarden schwerer Markt geworden. Max Deml und Hanne May führen kenntnisreich durch diese neue Art der "ethisch-ökologischen" Geldanlage", die den Nachteil hat, kaum bessere Renditen zu versprechen als andere Investmentvariationen, da der "böse" Markt seine Baisse auch diese Nische spüren läßt (Grünes Geld. Jahrbuch für ethisch-ökologische Geldanlagen 2002/2003. Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart 2002, 295 Seiten, 19,95 Euro).


 
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