© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/03 21. März 2003

 
Hindenburg bleibt Ehrenbürger
Potsdam: Erklärung von Stadtverordnetenversammlung verabschiedet
Steffen Königer

Es hat sich entschieden, daß gar nichts zu entscheiden war. Am vorvergangenen Montag kam die Potsdamer Stadtverordnetenversammlung (SVV) zu dem Schluß, daß Paul von Hindenburg nicht von der Liste der Ehrenbürger zu streichen ist, weil Ehrenbürgerwürden mit dem Ableben des Inhabers seit neuestem als erloschen gelten. Dies hätte ein Gutachten des Rechtsamtes ergeben, informierte der Fraktionschef der SPD Andreas Mühlberg, die Stadtverordneten am 10. März in einer fortgesetzten SVV.

Der Antrag auf Streichung, den die linksextreme Fraktion "Die Andere", unterstützt von der PDS, in die SVV eingebracht hatte, wurde mit 21 zu 18 Stimmen abgelehnt. In einem ersten Anlauf wurde der Antrag bereits an den Hauptausschuß verwiesen (JF 6/03 berichtete), bei dem die Historiker Martin Sabrow und Bernhard R. Kroener zu dem Entschluß kamen, daß Hindenburg die Ehrenbürgerwürde nicht aberkannt werden könne. Hindenburg sei, so Sabrow, die "letzte glänzende Manifestation des konservativen Preußentums". "Wo kämen wir denn hin", fragte Mühlberg die Verordneten angesichts des Versuches, die Ernennung vom 8. April zumindest formell aufzuheben, "wenn wir Beschlüsse von vor 50 oder 60 Jahren heute aufheben?" Es wurde eine Erklärung verabschiedet, in der es heißt: "Auch wenn diese Wahl das Ergebnis eines historischen Prozesses in der zusammenbrechenden Weimarer Republik war, so war es doch Hindenburg, der Hitler zum Reichskanzler ernannte und so den Weg für das totalitäre Regime Hitlers ebnete." Deutschland hätte infolgedessen den Weg der Zerstörung von Demokratie und zur "Ermordung von Millionen Menschen" beschritten. Die Bündnisgrüne Stadtverordnete Saskia Hüneke, die Initiatorin der Erklärung, schlug vor, eine vollständige Liste der Ehrenbürger aufzustellen und von Fall zu Fall weitere Erklärungen und Bemerkungen zu einzelnen Geehrten hinzuzufügen.


 
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