© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/03 21. März 2003

 
"Die NPD ist eine staatstragende Partei"
NPD-Verbotsverfahren II: Ein Gespräch mit dem Bundesgeschäftsführer der Partei, Frank Schwerdt
Manuel Ochsenreiter

Herr Schwerdt, welche Folgen hat die Einstellung des Verbotsverfahrens für Ihre Partei?

Schwerdt: Die Einstellung des Verbotsverfahrens hat für uns die Folge, daß wir so ohne dieses Damoklesschwert weiterarbeiten können.

Worin sehen Sie den Hauptgründe der Verfahrenseinstellung?

Schwerdt: Einmal wegen der anwaltlichen Vertretung durch Horst Mahler und Hans Günter Eisenecker, zum anderen aber auch aufgrund der Vielzahl der Verfahrensfehler, verursacht durch die Antragsteller.

Es gab intern Kritik an der Prozeßführung von Horst Mahler. Wird sich die NPD auch weiterhin von ihm vertreten lassen?

Schwerdt: Horst Mahler hat uns im Verbotsverfahren vertreten, und da es sicherlich kein weiteres Verbotsverfahren mehr geben wird, stellt sich die Frage für uns zur Zeit nicht.

Mit welchen staatlichen Maßnahmen rechnet die NPD nach dem Scheitern des Verbotsverfahrens?

Schwerdt: Nochmals: Wir rechnen nicht damit, daß ein neues Verbotsverfahren eingeleitet wird. Maßnahmen, die möglicherweise auf uns zukommen werden, werden sicherlich die üblichen kleinkarierten Sticheleien gegen die nationale Opposition sein. Doch dies sind wir ja bereits gewohnt.

Hat das Verfahren der Partei eher genutzt oder geschadet?

Schwerdt: Ich denke, in bezug auf die Öffentlichkeitswirksamkeit, mehr genutzt.

...und in bezug auf die Mitgliederentwicklung?

Schwerdt: Darauf hat es sich sicherlich negativ ausgewirkt. Die Mitgliederentwicklung stagnierte.

Zu Verfahrensbeginn gab es in der Führung der NPD Überlegungen, den "Kampf um die Straße" auszusetzen und keine Aufmärsche mehr zu organisieren. Wird die Partei nach dem Urteil nun wieder stärker öffentlich präsent sein?

Schwerdt: Die Partei wird so stark öffentlich präsent sein, wie es notwendig ist. Ich betone: Wir haben die Aufmärsche damals nur ausgesetzt und nicht eingestellt. Wir wollen wieder sinnvolle öffentlichkeitswirksame Aktionen machen, die sich mit politisch aktuellen Fragen beschäftigen.

Was meinen Sie konkret damit?

Schwerdt: Wir wollen auf keinen Fall historischen Reminiszenzen wecken, sondern zu den aktuellen Fragen Stellung nehmen und diese in die Öffentlichkeit tragen. Zu diesem Zweck demonstrieren wir.

Welche Konsequenzen hat eigentlich die durch das Verbotsverfahren öffentlich gewordene hochgradige Unterwanderung der Partei durch V-Leute auf das innere Gefüge der NPD?

Schwerdt: Ich denke, das wird sich mit der Zeit wieder legen. Wenn das Verfahren beendet ist, wird sich das normalisieren. Mit Agenten werden alle nationalen Gruppierungen weiterhin leben müssen. So ist das nunmal in diesem Staat.

Unter dem Vorsitzenden Adolf von Thadden galt die NPD in den 60er Jahren noch als überwiegend national-konservative und auch staatstragende Kraft. Spätestens seit der Wiedervereinigung bedient sie sich verstärkt einer radikalen und dezidiert sozialistischen Rhetorik. Sehen Sie in dieser Entwicklung Widersprüche?

Schwerdt: Nein, überhaupt nicht. Staatstragend ist die NPD auch heute noch, aber wir kämpfen gegen das politische System, welches sich in diesem Staat breitgemacht hat. Das politische System ist schließlich nicht der Staat. Diejenigen, die den Staat führen, repräsentieren nicht diesen Staat. Sie befinden sich leider nur zufällig an der Spitze.

Bringen Ihnen diese von den Verbotsantragstellern kritisierten Inhalte, also die radikale und die sozialistische Rhetorik, nicht gerade den Zulauf von jungen Leuten in Mitteldeutschland?

Schwerdt: Ich denke, daß diese den Zulauf in Mitteldeutschland bringen. Aber gerade bei bisher politisch nicht gebundenen jüngeren Leuten bringen sie den auch in Westdeutschland. Wir müssen davon ausgehen, daß die Leute parteimäßig nicht mehr so stark gebunden sind wie vor zwanzig oder dreißig Jahren.

Sie selbst waren in den achtziger Jahren Ortsvorsitzender der CDU in Berlin-Heiligensee. Weshalb der Wechsel zur NPD?

Schwerdt: Die Ursachen für meinen Wechsel waren, daß sich rechts der CDU wieder etwas Ernsthafteres gebildet hat, damals durch die Republikaner bedingt.

Nach den Republikanern sind Sie in die NPD eingetreten. Die Folge eines Gesinnungswandels?

Schwerdt: Ich denke, meine Gesinnung hat sich nicht gewandelt, sondern das Parteiensystem hat sich gewandelt.

Also Sie meinen tatsächlich, Sie hätten mit Ihren heutigen Ansichten in der CDU der achtziger Jahre noch Platz?

Schwerdt: Ja, da hatte ich sicherlich noch Platz. Ich hatte damals sicherlich einige Illusionen. Aber grundsätzlich war für Menschen, die meine Positionen vertreten, damals noch mehr Platz in der CDU, als es in der heutigen Union der Fall ist.

 

Frank Schwerdt, 58, Diplom-Ingenieur, ist NPD-Bundesgeschäftsführer und Vorsitzender des Landesverbandes Thüringen.

 

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