© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    12/03 14. März 2003

 
Frisch gepresst

Hemingway. Kaum jemand verstand es schon zu Lebzeiten so gut, an seiner eigenen Legende zu arbeiten, wie der spätere Nobelpreisträger für Literatur Ernest Hemingway - der trinkfeste Naturbursche, dem jede schöne Frau schmachtend in die Arme sinkt, wenn er mutig und heldenhaft von der Jagd oder aus dem Krieg zurückkommt, der nach dem "finalen Mannesritual" die Geliebte zur Seite stößt, um seine hohe moralische Überlegenheit in schöngeistige schriftliche Ergüsse fließen zu lassen. Wer allerdings die reale "Kriegsgeschichte" Hemingways verfolgt, dem tun sich andere Abgründe auf: Ein profilsüchtiger und großmäuliger Feigling, der sich zwar einer "berüchtigten" US-Kampfeinheit (Ivy League) als Kriegsberichterstatter anschloß, es jedoch in Stunden des Kampfes gegen die verhaßten "Krauts" vorzog, die Front zu meiden und statt dessen betrunken in Hotelbetten zu logieren und die Erlebnisse der überlebenden Kameraden wie Selbsterfahrenes für die Nachwelt zu fixieren. Der britische Publizist und damalige Soldat Charles Whiting beschreibt lebhaft das letzte Kriegsjahr gegen die Deutschen von der "Operation Overlord" bis zur Kapitulation, indem er vom Kriegsgeschehen immer wieder auf den Schriftsteller Bezug nimmt (Ernest Hemingway und der Krieg im Westen 1944/45. Helios Verlag, Aachen 2002, 101 Seiten, Abbildungen, 24,80 Euro).

 

Banater Mädchen. Aus der Vielzahl der von der deutschen "Erlebnisgeneration" publizierten autobiographischen Schilderungen von Krieg und Nachkriegszeit fällt es dem "übersättigten" Zeitgeschichtsinteressierten schwer, neue und lesenswerte Rückblicke auszuwählen. Viele Schicksale, so schrecklich sie auch waren, bleiben daher nicht selten als unverkaufte Druckerzeugnisse den Erben vorbehalten, da es, ähnlich dem Echolot-Projekt Walter Kempowskis, keine zentrale deutsche Gedächtnisbibliothek gibt, in der diese wichtigen Zeugnisse der Nachwelt erhalten bleiben. Die Erlebnisse der damals siebzehnjährigen Volksdeutschen Wilma Filip aus dem jugoslawischen Teil des Banat heben ihr Buch durch die offenbarte Tragik hervor. Als verhaßte und besiegte Minderheit aller Willkür und Gewalt grausamer Partisanen ausgesetzt, geraten die Überlebenden in eine jahrelange Internierung und Zwangsarbeit, aus der Filip erst 1956 durch Ausreise nach Deutschland entkommt (Tränen statt Brot. Gerhard Hess Verlag, Ulm 2002, 235 Seiten, 12 Euro).


 
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