© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    10/03 28. Februar 2003

 
Ganz schön daneben
Schüler Union: Keine Chance für Pressefreiheit
Manuel Ochsenreiter

Am vergangenen Wochenende ging es hoch her in Magdeburg, wo die diesjährige Bundesschülertagung der Schüler Union stattfand. Insgesamt 200 Deligierte der Unionsnahen und mit 15.000 Mitgliedern größten Schülervereinigung Deutschlands reisten an, um sich bei so manchem Thema gehörig in die Wolle zu kriegen. Als prominenteste Gäste waren der Kultusminister Sachsen-Anhalts, Jan-Hendrik Olbertz, sowie der Bundesvorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, anwesend.

Bei der Wahl zum Vorsitzenden konnte sich der bisherige Amtsinhaber Mark Blue gegen seinen Herausforderer Sebastian Czaja aus Berlin durchsetzen. Zu seinen Stellvertretern wurden der Hesse Markus Kuschnick und der Saarländer Alexander Keßler gewählt. Die beiden Landesvorsitzenden Lars Lubisch (NRW) und Stefan Bannert (Sachsen-Anhalt) sind neue Beisitzer im Bundesvorstand.

Bei den Grundsatzreden spielten der Unions-Nachwuchs mit den Muskeln. Mißfelder bezeichnete die Anliegen der Schüler Union in seiner Rede als "Chefsache". Die Schüler Union sei die wichtigste bildungspolitische Organisation innerhalb der CDU. "Auch ich habe als SU-Vorsitzender immer betont, daß wir mehr Mitglieder haben als der RCDS", so Mißfelder vor den applaudierenden Schülern.

Neben Neuwahlen kam es aber auch zu hitzigen Debatten. So löste ein Initiativantrag der nordhrein-westfälischen Schüler Union erhebliche Nervosität auf dem Podium aus. Nach einem "Appell für die Pressefreiheit" folgt eine klare Verurteilung der Beobachtung der JUNGEN FREIHEIT durch die Landesämter für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalens und Baden-Württembergs. Ein Antrag, der eigentlich klare Aussicht auf Erfolg gehabt hätte, wenn JU-Chef Mißfelder nicht beherzt in die Debatte eingegriffen hätte. Mißfelder äußerte besorgt die Gefahr eines totalen Medienboykotts, falls die SU sich mehrheitlich für den NRW-Antrag aussprechen sollte. "Die Tür ist dann zu" rief Mißfelder den Deligierten zu. Neugierige Spiegel-Redakteure könnten den Unions-Nachwuchs plötzlich ins Visier nehmen, drohte Mißfelder unverhohlen den Jungpolitikern. Und das wolle man doch schließlich verhindern. So zumindest lauten Mißfelders Vorstellungen zur Öffentlichkeitsarbeit "seiner" SU, die dem 23jährigen schließlich mehrheitlich Glauben schenkten. Zum Schluß stimmten lediglich die Deligierten aus NRW, Hessen und Bayern für den Antrag für Pressefreiheit.

Der stellvertretende Landesvorsitzende der NRW Schüler Union, Stephan Laubach äußert sich gegenüber dieser Zeitung fassungslos über diese Entscheidung. Für ihn sei es völlig unverständlich, wie man sich damit ausdrücklich gegen Presse- und Meinungsfreiheit positionieren könne. "Als Nationalkonservativem" sei es für ihn zudem nicht verständlich, weshalb man sich seitens der Schüler Union nicht für die JF stark machen dürfe, so Laubach gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Man fühle sich regelrecht "verarscht" von der Spitze. Mißfelder bewegt sich damit in der Kontinuität seiner Vorgängerin Hildegard Müller, die ihren JU-Funktionären einen Sprechverbot mit der JF verordnet hatte. "Gesellschaftspolitischer Schaden" könne durch Kontakte von JU-Mitgliedern mit der JF entstehen, so Hildegard Müller in einem Brief an einen Landesvorsitzenden. Mit "Ich bitte Dich, in Zukunft eine Zusammenarbeit mit der JUNGEN FREIHEIT abzulehnen" legte Müller dem Funktionär die Kontaktsperre ans Herz.


 
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