© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    10/03 28. Februar 2003

 
"Glücksritter und Querulanten"
Parteien: Schill geht auf dem Bundesparteitag mit seiner Partei ins Gericht / Mettbach gewählt
Peter Freitag

Auf ihrem Bundesparteitag am Sonntag in Bremen wählten die knapp dreihundert Delegierten der Partei Rechtsstaatlicher Offensive (Schill) ihren ersten Bundesvorstand. Bisher hatte der Hamburger Landesvorstand kommissarisch die Geschäfte der Bundespartei geführt. Als Bundesvorsitzender wurde der Hamburger Bausenator und bisherige Stellvertreter von Parteigründer Ronald Schill, Mario Mettbach, mit 209 Stimmen gewählt. Damit konnter er sich gegen vier Gegenkandidaten, darunter der Baden-Württembergische Landesvorsitzende Gerhard Pfeiffer und Detlef Münch aus Nordrhein-Westfalen, deutlich durchsetzen. Zu Mettbachs Stellvertretern wählte der Parteitag Klaus Veuskens (Niedersachsen) und Karola Lähner aus Sachsen-Anhalt. Weitere Mitglieder sind Frau Kreusch (Sachsen), Markus Wagner (stellvertretender Landesvorsitzender Nordrhein-Westfalen), Schatzmeister Michael Esther (Brandenburg) und Schriftführer Markus Nassauer (Hessen).

Zu Beginn des Parteitags hatte der bisherige Vorsitzende Schill, der anschließend zum Ehrenvorsitzenden gewählt wurde, ein schonungsloses Bild von der jungen Bewegung gezeichnet: "So wie wir uns darstellen, sind wir keine Alternative zu anderen Parteien", kritisierte der Parteigründer seine Gefolgschaft. Schuld am schlechten Auftreten hätten nach seiner Ansicht "Glücksritter und ehrgeizzerfressene Persönlichkeiten". Er forderte die Delegierten auf, einen "querulantenfreien Vorstand" zu wählen. Die Garantie dafür sah Schill in der Unterstützung seines Wunsch-Kandidaten Mettbach. Damit bezog er deutlich Position gegen den nordrhein-westfälischen Landesvorsitzenden Dieter Mückenberger, der im Vorfeld wiederholt Mettbach scharf kritisiert hatte.

Vor den Wahlen hatten sich Gefolgsleute von Mettbach und Mückenberger verbale Auseinandersetzungen geliefert, so daß ein so deutliches Votum für Mettbach zunächst nicht wahrscheinlich schien. Der intern zerstrittene Landesverband Nordrhein-Westfalen konnte seinen offiziell nominierten Kandidaten Förster nicht im Bundesvorstand unterbringen, an seiner Stelle sitzen nun Gefolgsleute Mettbachs aus diesem Landesverband im Bundesvorstand. Mückenberger wollte zwar gegenüber der JUNGEN FREIHEIT nicht von einer Niederlage der Nordrhein-Westfalen sprechen, kündigte jedoch an, persönliche Konsequenzen aus der Wahl zu ziehen. "Ich werde meiner Verpflichtung in Selbstachtung gerecht werden", so Mückenberger zur JF. Genaueres - ob damit ein Rücktritt vom Landesvorsitz oder gar ein Parteiaustritt gemeint sei - wollte er nicht über die Presse verlauten lassen. Sein Kandidat Förster sei "im Vorfeld von bestimmten Kräften demontiert worden", so Mückenberger kryptisch. Das ebenfalls auf dem Parteitag eingesetzte Schiedsgericht will sich in Kürze mit den Verfahren gegen die nordrhein-westfälischen Mettbach-Gegner Frederick Schulze und René Schneider befassen.

Frank Bücken, hessischer Landesvorsitzender, sprach gegenüber der JF von einem "ausgesprochen erfolgreichen Parteitag, mit dem die Hessen sehr zufrieden sein konnten". Der neue Vorstand bestehe aus einer ausgewogen jungen und erfahrenen Mannschaft, sei motiviert und ohne Querulanten. Die Mückenberger-Fraktion habe eine herbe Niederlage erlitten, womit sich dieses Problem "hoffentlich bald von selbst erledigt", so Bücken. Die Ankündigung Mettbachs, noch in diesem Jahr einen weiteren Parteitag mit den Schwerpunkten Parteiprogramm und -satzung einzuberufen, begrüßt Bücken. Notwendig sei eine Vision, ein Ziel für die Partei, durch die sie von anderen klarer unterscheidbar werde. Der hessische Landesverband wolle eigene Vorschläge für die neue Satzung der Partei, die den Anforderungen der Flächenstaaten angemessener sei, einbringen. Mettbach kündigte als nächstes Ziel den Einzug der Partei Rechtsstaatlicher Offensive in die Bremer Bürgerschaft Ende Mai an. Die Bundesgeschäftsstelle solle zunächst in Hamburg bleiben, rechtzeitig vor der nächsten Bundestagswahl aber nach Berlin verlegt werden.


 
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