© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    07/03 07. Februar 2003

 
Frisch gepresst

Weltordnungskriege. Unbeeindruckt von den Anstrengungen, die Digitalisierung der Gedanken zu Lasten der Verlagshäuser voranzutreiben, produziert ausgerechnet der prototypische 68er-Verlag Klaus Wagenbachs weiterhin altmodisch schöne Bücher. In der Reihe seiner "Kleinen Kulturwissenschaftlichen Bibliothek" erschien wieder ein ästhetisch ansprechendes, mit einem Hieronymus Bosch-Motiv verziertes und gefällig gedrucktes Werk, zu dem man Verleger und Autor nur beglückwünschen kann. Weniger zufrieden darf man mit dem Inhalt, den Reflexionen "Zum Wandel bewaffneter Gewalt" des Berliner Verfassungsrechtlers und Politikwissenschaftlers Ulrich K. Preuß sein. Der nimmt den "11. September" zum Anlaß, dem Kriegsverständnis seit 1648 nachzuspüren, um daraus Aufschlüsse für die neue völkerrechtliche Lage, die sich spätestens seit Afghanistan abzeichnende Realität der "Weltordnungskriege" zu gewinnen. Preuß' Ausgangsposition ist ein pro-amerikanischer Enthusiasmus für die "Weltgesellschaft", der sich bei dem 1939 Geborenen bewältigungskonform auflädt mit moralisierenden Anklagen gegen die Deutschen - also dem 1933 zur Macht gelangten "Bodensatz" und dessen fanatisiertem Massenanhang. Kein Wunder, daß dann die nüchterne Analyse weltpolitischer Konstellationen des 20. Jahrhunderts von diesen Vorgaben entrückt wird. Am Ende steckt Preuß in einem Dschungel von (zugegeben anregenden) Aporien, der ihm selbst verdeckt, wie nahe er der von Gore Vidal sarkastisch formulierten Rato der Bush-Politik vom "Ewigen Frieden durch ewigen Krieg" gekommen ist (Krieg, Verbrechen, Blasphemie. Zum Wandel bewaffneter Gewalt, Berlin 2002, 154 Seiten, 17,50 Euro).

Ernst Jünger. Der "Freundeskreis der Brüder Ernst und Friedrich Georg Jünger" veröffentlicht in seiner "Kleinen Schriftenreihe" alljährlich ein Bändchen mit biographischen und anekdotischen Schriften zu Ernst Jünger, die stets unter dem Zeichen der "Begegnungen mit Ernst Jünger" stehen. Im vergangenen Jahr waren es die kurzweiligen Erinnerungen des Altlandrats Wilfried Steuer (JF 13/02) und 2003 ist es die erweiterte Neuausgabe von Albert von Schirndings reizvollem Jünger-Büchlein (Begegnungen mit Ernst Jünger. Tübingen 2002, Jörg F. Hagenlocher, Broschüre, 63 Seiten, 9,80 Euro), das zuerst 1990 bei Langewiesche-Brandt erschienen war. Der 1935 geborene Schriftsteller und Dichter Albert von Schirnding war in den 1950er Jahren Sekretär Jüngers. Das Bändchen vereint neun Aufsätze von Schirnding über Ernst Jünger mit bislang unbekannten Bildern Jüngers und interessanten Faksimiles.

Zerstörungsmacht Geld. Der Frage, wie man die großen Probleme unserer Zeit aus geld- und zinskritischer Sicht bewältigen könnte, geht Rainer Bischoff kenntnis- und detailreich auf den Grund. "Demokratie, Frieden, Arbeit für alle, Natur- und Kulturbewahrung sind möglich", wenn der Kapitalismus und die Zinswirtschaft überwunden sind, schreibt der Anhänger der Lehren Silvio Gesells und des Nachbarschaftsgedankens Arthur Marauns. An der Thematik interessierte Leser finden hier durchaus anregende und interessante Überlegungen und Feststellungen (Entmachtung der Hochfinanz. Verlag Freiland, Süderbrarup 2002, 407 Seiten, 26,10 Euro).

Spreeathen. Der Berliner Historiker und Publizist Karl-Heinz Rose legte in diesen Tagen seinen neuen Bildband "Preußische Stadtmitte. Moabit und Alt-Berlin" vor. Der Band zeigt, welche kaum zu vermutende Fülle architektonischer Schätze, besonders aus der Gründerzeit des 19. Jahrhunderts, in der deutschen Hauptstadt von Bombenkrieg und der Nachkriegsbaupolitik im Zentrum verschont geblieben ist (WHB Buchvertrieb, Günter Algner, Alt-Lichtenrade 66c, 12309 Berlin. 164 Seiten, 356 Fotos, 28,95 Euro).


 
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