© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    05/03 24. Januar 2003

 
Meldungen

"Kerngruppen" gegen den Sturz der Religionen

MÜNCHEN. Das jüngste Themenheft der Politischen Studien (Heft 386), des Organs der Hanns-Seidel-Stiftung , ist dem "internationalen Terrorismus" gewidmet und versucht dabei auch der "existentiellen" Bedeutung der islamischen Religion im Kulturkonflikt zwischen Okzident und Orient gerecht zu werden. Daß hat den katholischen Theologen Elmar Nass offenbar animiert, nach der "Rolle des Glaubens für die Wertorientierung in unserer Gesellschaft" zu fragen. Nass beklagt das "verlorene christliche Wertfundament" und macht für die heute zu konstatierende "Entchristlichung" den "Geist diffuser Autonomie", wie er sich in der BRD nach 1968 ausgebreitet habe, und den DDR-Staatsatheismus verantwortlich. Die tieferen Wurzeln, die seit dem 19. Jahrhundert zu registrierende Relativierung aller Wert- und Orientierungssysteme, der "Sturz von Moralen und Religionen" (Jacob Burckhardt, 1868), scheint für Nass nicht stattgefunden zu haben. Entsprechend oberflächlich wie seine zeitkritische Diagnose fallen seine Rezepturen aus, die viel über die geistige Verfassung des etablierten Konservatismus aussagen: "charismatische" Vorbilder wie Franz-Josef Strauß benötige die Republik und christliche "Kerngruppen", die bei Jugendlichen das "kirchenskeptische Klima" verändern sollen.

 

Von Italien lernen: Neues zu Moeller van den Bruck

KÖLN. Selten sei Italien vor Mussolinis "Machtergreifung" als Ort der Modernität aufgesucht worden. Unter den Intellektuellen im wilhelminischen Deutschland standen daher der Dichter Theodor Däubler und sein Freund, der Publizist Arthur Moeller van den Bruck, nahezu allein. Richtete sich die öffentliche Meinung um 1911 doch ziemlich einhellig gegen den brutalen römischen Imperialismus, der in Tunesien wie ein Aasgeier über das sterbende Osmanische Reich herfiel. Moeller hingegen sah in diesem Ausgriff ein Beispiel dafür, wie ein "modernes Volk moderne Politik" mache. Zugleich, so meint Stefan Breuer in seinem Aufsatz über "Moeller van den Bruck und Italien" (Archiv für Kulturgeschichte, Heft 2/02), habe der Kulturkritiker dabei gelernt, daß sich der "Konservatismus" des "neuen Nationalismus" und Modernität bis über die Grenzen des Futurismus hinaus keineswegs ausschlössen.

 

Erste Sätze

Seit mehr als dreißig Jahren zeichnet unter den Massen in den hochindustriellen Ländern die Tendenz sich ab, anstatt rationale Interessen und allen voran das der Erhaltung des eigenen Lebens zu verfolgen, sich der Katastrophenpolitik zu überantworten.

Theodor W. Adorno: Aufsätze zur Gesellschaftstheorie und Methodologie, Frankfurt/M. 1970


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen