© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    04/03 17. Januar 2003

 
Frisch gepresst

Zweistaatlichkeit. Nach zwölf Jahren ist der Abstand zur jüngsten deutschen Geschichte scheinbar groß genug, um ein politisches Lexikon für die Zeit zwischen der "Stunde Null" 1945 und dem Feuerwerk vom 3. Oktober 1990 zu publizieren. Der Göttinger Historiker Michael Behnen hat sich dieser Aufgabe gestellt und mit Hilfe mehrerer Dutzend größtenteils prominenter Beiträger eine mit 1.600 Artikeln umfangreiche Arbeit vorgelegt, die als zweiter Band des "Lexikons der deutschen Geschichte" beim Stuttgarter Kröner-Verlag erschienen ist. Die Beschreibung vieler Begriffe zwischen "Abgrenzungspolitik" und "Zweistaatentheorie" gibt jedoch zu bedenken, ob die historische Zäsur 1990 auch zur Periodisierung dieses Lexikons sinnvoll ist. Denn so manche Details der deutschen Zweistaatlichkeit werden nicht erst mit Abschluß des Zwei-Plus-Vier-Vertrages zu Ende erzählt, sondern ergeben besonders mit der weiteren Behandlung durch die Regierung Kohl bis 1998 einen Sinn, stellvertretend sei die verweigerte Rückübereignung der Enteignungen aus der "Bodenreform" von 1945-47 genannt (Lexikon der deutschen Geschichte. 1945-1990. Stuttgart 2002, 690 Seiten, 40 Euro).

Jugoslawien. Der deutsche "Blitzsieg" des Frühjahrs 1941 auf dem Balkan war eine trügerische Wahrnehmung. Ein bis zum Kriegsende dauernder, erbittert und grausam geführter Partisanenkrieg stellte im Gegenteil eine latente Kräftebindung deutscher Truppen dar, obwohl diese keine Niederlage über Bataillonsebene hinnehmen mußten. Über die unübersichtliche Gemengelage verschiedener Kräfte, die keineswegs auf das Ustascha-Regime und die kommunistischen Partisanen des Josip Broz Tito reduziert werden dürfen, findet sich in der Arbeit des Dozenten an der britischen Royal Military Academy Sandhurst, Klaus Schmider, eine gelungene Übersicht. Schmider schildert mit wissenschaftlicher Präzision den Aufstieg der 1941 weitestgehend bedeutungslosen KP zur Siegermacht. Diese konnte besonders aus der Verfolgung verschiedener konkurrierender Oppositionsgruppen wie der nationalserbischen "Tschetniks" unter Draza Mihailovic ihren Vorteil schlagen. Daß die Achsenmächte zudem in ihren Einflußzonen unabgestimmt agierten, erleichterte ihre Tätigkeit noch (Partisanenkrieg in Jugoslawien 1941-1944. Verlag Mittler & Sohn, Hamburg 2002, 629 Seiten, 39,90 Euro).


 
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