© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    04/03 17. Januar 2003


Peter Gauweiler
Der Kriegsgegner
von Peter Freitag

Ausgerechnet mit positivem Bezug auf den Bischof von Rom wurde der evangelische CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler zum wahren Protestanten: "Ihr müßt euch entscheiden, ob der Bush Recht hat oder der Papst", soll der "Schwarze Peter" seine C-Parteifreunde in der Kreuther Klausur aufgefordert haben. Darin lag unverhohlen Kritik an der Haltung seiner Partei, die sich ganz dem auf eine Invasion hinauslaufenden Kurs der US-Regierung angeschlossen hat. Seine Heiligkeit, dem die Mehrheit der bayerischen Unionsabgeordneten konfessionell untersteht, hatte dagegen in seiner Weihnachtspredigt seinem Unmut über einen möglichen Krieg Luft gemacht. Stärker noch als das "Roma locuta" ist für den Einspruch des ehemaligen bayerischen Umweltministers - darin ganz lutherisch - das eigene Gewissen entscheidend, der amerikanischen Vorgehensweise die Gefolgschaft aufzukündigen: Die CSU solle einen Krieg klar ablehnen und die Bundesregierung drängen, im Sicherheitsrat mit Nein zu stimmen, so wird die Position des 53jährigen Münchners wiedergegeben, der darüber hinaus unter dem Beifall zahlreicher Abgeordneter eine offene Debatte in der Partei verlangte.

Nichts mehr als das scheint sein katholischer Parteichef Stoiber zu fürchten, der Gauweilers Position als "Einzelmeinung" abqualifizierte. Denn der frühere Entwicklungshilfeminister Carl-Dieter Spranger (CSU) sekundierte Gauweiler, indem er feststellte, die CSU-Landesgruppe würde mehrheitlich gegen Bushs Politik votieren, wenn die Abstimmung geheim wäre. Und nachdem Bild-Kolumnist Gauweiler seinen Ruf als Tabubrecher wieder einmal gerecht geworden ist, meldeten sich weitere Bedenkenträger aus der Unionsfraktion zu Wort: Klaus-Jürgen Hedrich forderte, es "müßten erst belastbare Beweise vorliegen, bevor die Union ein militärisches Vorgehen unterstützen könne", und Hans-Peter Uhl, Mitglied im Auswärtigen Ausschuß, befürwortete zwar den Aufbau einer militärischen Drohkulisse, gab aber vorsichtig zu bedenken, bevor bombardiert werde, "muß alles Menschenmögliche unternommen werden, um eine Tragödie abzuwenden".

Dieser Position schlossen sich auch der konservative Parlamentarier Rudolf Kraus (CSU) und der liberalere Rainer Eppelmann an. Der ehemalige Verteidigungsstaatssekretär Willy Wimmer (CSU) hatte schon die ohne UN-Mandat durchgeführte Kosovo-Attacke der Nato gegeißelt. Ein Sturm auf den Irak führe zu dem, was Wimmer einst als "Kannibalisierung der internationalen Rechtsordnung" bezeichnete.

So einzeln können Gauweiler und die anderen Skeptiker nicht sein, sonst hätte die CDU nicht in letzter Minute noch ihre am vergangenen Samstag vorgestellte "Göttinger Erklärung" flugs geändert, und den Passus, man unterstütze alle Maßnahmen zur Eingrenzung der irakischen Gefahr gestrichen. Päpstlicher Segen oder ein reines Gewissen mag der C-Partei besser zu Gesicht stehen als Washingtons Wohlwollen: Denn man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen! (Apostelgeschichte 5,29)


 
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