© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    52/02 20. Dezember 2002 / 01/03 27. Dezember 2002

 
WIRTSCHAFT
Drei-Klassen-Krankenversicherung
Bernd-Thomas Ramb

Die Techniker-Krankenkasse hat es gewagt, eine Art Bei-tragserstattungs-Modell anzubieten. Die Versicherten sollten zum Jahresanfang einen Betrag von 240 Euro ausgezahlt bekommen. Dafür hätten sie im laufenden Jahr bei jedem Arztbesuch eine Eigenbeteiligung von 20 Euro zahlen müssen, maximal jedoch nur 300 Euro. So hätten sich die Versicherten bemüht, die Anzahl der Arztbesuche unter zwölf pro Jahr zu drücken, um in der "Gewinnzone" zu bleiben. Ebenso hätten sie Arztrechnungen unter 20 Euro selbst berappt, so daß zusätzlich eine Kostenersparnis durch die wegfallende Verwaltung von geringfügigen Abrechnungen entstanden wäre.

Den Plan hat nun die Bundesgesundheitsministerin vereitelt. Sie befürchtet eine Benachteiligung der "einfachen" Krankenversicherten und will deshalb dieses Modell allenfalls den freiwillig Versicherten gestatten. Damit entfällt wieder einmal der allgemeine Anreiz, für die Gesundheit selbst Vorsorge zu treffen. Dagegen wird die Mentalität verstärkt, rauszuholen, was rauszuholen ist. Ebenso wird die Chance vertan, die Kosten, die der Arztbesuch bewirkt, transparent zu machen. Ulla Schmidt und die Gewerkschaften fürchten eine Zwei-Klassen-Medizin, doch sie schaffen so eine Drei-Klassen-Patientenschaft: Einerseits die weniger werdenden Versicherten, die solidarisch auf ihre Gesundheit und auf die Kosten achten und nicht bei jedem Unwohlsein zum Arzt rennen, andererseits jene, denen die Gesundheit egal ist und die wegen jeder Kleinigkeit egoistisch die Vollkaskoversorgung einfordern - dazwischen die wirklich bedürftigen Kranken. Das neue Modell hätte bewirkt, daß die Gesundheitsbewußten belohnt und die Fahrlässigen und Wehleidigen bestraft werden. Das wäre sozial gerecht gewesen.


 
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