© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    51/02 13. Dezember 2002

 
Real existierender Sozialdemokratismus
Vermögensteuer: Wiedereinführung bringt geringe Steuererträge und große Wachstumsverluste
Bernd-Thomas Ramb

Wiedereinführung der Vermögensteuer. Das klingt edel und gerecht, frei nach "Robin Hood": Den Reichen nehmen, um es an die Armen zu verteilen. Wer vermag sich diesem Ansinnen zu widersetzen, wenn zudem die Anhäufung von Reichtum mit einem Misthaufen verglichen wird, der aufgehäuft stinkt, verteilt aber als Dünger nützt, wie der hessische DGB-Chef Stefan Körzell kürzlich - wenn auch als gelernter Maschinenschlosser agrartechnisch unbedarft - befand.

Noch dazu soll der Steuerreichtum aus der Reichtumsteuer nach dem Willen der PDS und des finanzklammen niedersächsischen SPD-Ministerpräsidenten Siegmar Gabriel dem ehrenwerten Zwecke der Bildungsförderung zugeführt werden. Inzwischen unterstützt sogar auch SPD-Bundestagsfraktionschef Franz Müntefering die einstige PDS-Forderung aus dem Bundestagswahlkampf 2002. Aus dem Überfluß der Reichen den Armen Bildung verschaffen - ein Schuft, wer da immer noch Nein sagt.

Mit der alten Sage und heutigen wirtschaftlichen Realität hat das allerdings wenig gemein. Der wahre Robin Hood würde heute die Tresore der Finanzämter überfallen und das Geld an die Steuerzahler zurückgeben, so wie er es vor tausend Jahren mit den Steuereintreibern und den durch Willkürherrschaft Ausgepreßten getan hat. Aus heutiger Sicht ist bei der geplanten Vermögensbesteuerung noch zusätzlich zu kritisieren, daß dadurch weder die wahrhaft Reichen tatsächlich geschröpft, noch die wirklich Armen effektiv begünstigt werden.

Da ist zunächst einmal die Mär vom Steuerreichtum zu entlarven. Unstreitig werden hohe Erhebungskosten entstehen, die allenfalls durch zusätzliche Einstellungen von Finanzbeamten zu - wenn auch unproduktiven - Beschäftigungseffekten führen. Reichtum zeigt sich selten in einem hohen Kontostand bei sofort liquidierbaren Bankguthaben.

In der Regel sind es Firmenbeteiligungen in Form von Aktien oder Gesellschaftsanteilen, die zu bewerten selbst den Firmeninhabern schwerfällt. Noch bewertungsproblematischer sind Immobilien. Der Streit ist somit vorprogrammiert und erhebliche Kosten für Rechtsverfahren sind einzuplanen. Nicht ohne Grund hat das Bundesverfassungsgericht 1995 die damalige Besteuerung von Vermögen als mit dem Grundgesetz unvereinbar eingestuft.

Aber selbst bei den eindeutig bestimmbaren Vermögenswerten ist die Effizienz der Vermögensteuer zu bezweifeln, wie der Finanzexperte Carl Christian von Weizsäcker von der Universität Köln kürzlich in einem offenen Brief dem Bundeskanzler in einer einfachen Analyse vorrechnete. Die Realverzinsung der Vermögensmasse liegt momentan nach Abzug von Steuern und Inflationsverlust zwischen Null und einem Prozent. Bei Einführung einer Vermögensteuer von einem Prozentpunkt entsteht eine negative Realverzinsung, also ein Schwund des Vermögens. Recht so, werden die Gewerkschaftler befinden, der Misthaufen muß verteilt werden. Sie übersehen jedoch dabei, daß hinter dem Vermögen Produktionskapital steht.

Die Vermögensteuer vernichtet somit stetig Produktionskapital und damit Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze. Gleichzeitig wird auch die Besteuerungsgrundlage für den Gewinn aus Vermögen reduziert. Mittelfristig reduzieren sich dadurch per saldo die gesamten Steuereinnahmen. Wieder einmal wird in der staatlichen Gier nach höheren Staatseinnahmen durch unüberlegtes Handeln das Gegenteil erreicht.

Der negative Effekt beschleunigt sich durch die Abwanderungstendenz. Wenn die Vermögensteuer real zu Vermögensabbau führt, werden die "Superreichen" ihre Vermögenswerte in das Ausland verlagern. Gerade die Besitzer wirklich großer Vermögen verfügen über die besseren Möglichkeiten einer Flucht aus Deutschland als die kleineren Reichen. Wenn die Vermögensteuer also trotz der hohen Erhebungskosten zu positiven Erträgen des Staates führen soll, was neben der Vernichtung der Reichen als Zielsetzung nicht auszuschließen ist, wird der Fiskus zwangsläufig den Steuersatz anheben und die Besteuerungsgrundlage ausweiten. Dann trifft es um so mehr die Vermögenswerte des Mittelstandes, der bislang damit noch das notwendige Kapital für beschäftigungsträchtige Unternehmen bereitstellen und seine Altersversorgung sichern konnte. Wenn dieser Wirtschaftsteil aber auch noch wegbricht, bleibt nur noch die sozialistische Nirwana-Wirtschaft übrig.

Auch der hehre Zweck der Vermögensteuer, die Forcierung von Bildungsaufgaben, muß in ihrer Effizienz bezweifelt werden. Es ist zu vermuten, daß mit diesem Geld, so es denn überhaupt fließt, das zerrüttete Bildungsideal der ewig gestrigen Altachtundsechziger zementiert werden soll, die stets behaupteten, ihre bildungspolitischen Experimente hätten nur deshalb versagt, weil zu wenig Geld dafür aufgewendet wurde. An die Vermittlung anderer als der sattsam bekannten sozialistisch-ideologischen Werte dürfte bei der bildungspolitischen Verwendung der Vermögensteuer kaum gedacht sein.

Womit sich der Kreis schließt. Aus der wirtschaftspolitisch hochgefährlichen, populistisch verworrenen, klassenkämpferischen Ideologie-Nostalgie wird der Homunkulus der "gerechten" Vermögensteuer geklont, der letztlich das erreicht, was schon immer von den Steinzeitkommunisten angestrebt wurde: Macht kaputt, was euch kaputt macht. In diesem Fall gelingt sogar ein Doppelschlag: die Wirtschaft und die Bildung wird niedergemacht. Vollständig gelingen kann dies allerdings nur, wenn letzteres zuerst erreicht wird und die Masse es nicht mehr begreift, welche wirtschaftszerstörende Wirkung die Hetzjagd auf Reiche erzielen kann.

Ein Kapitel für sich ist die signalisierte Zustimmungsbereitschaft von CDU und CSU, wenn die Vermögensteuer zum alleinigen Hoheitsrecht der Bundesländer erhoben wird. Die angepeilte Steuererhebungsunabhängigkeit vom Bund soll einen Steuerwettbewerb zwischen unions- und SPD-regierten Ländern hervorrufen, so daß ein Land Vermögensteuern erhebt, das andere Land darauf verzichtet und dann eine Wanderung der Kapitalbesitzer etwa aus Niedersachsen nach Hessen erfolgt.

Die damit gewonnene Verbesserung der Länderfinanzen in den ohnedies wirtschaftlich erfolgreicheren Ländern dürfte jedoch schnell durch einen verschärften Länderfinanzausgleich zunichte gemacht werden.


 
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