© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/02 06. Dezember 2002

 
Neue Technologien: Klonverbot der UN gescheitert
Rosemarys Baby, 2.Teil
Angelika Willig

Die Angst vor dem Schwarzen Mann geht um - heute genauso wie früher, und da gibt es immer wieder welche, die bloß "buh" machen, und schon stehen sie in der Zeitung. Von sogenannten Neonazis kennen wir das seit langem, die sich auf Grund ihrer Publicity für kurz vor der Machtergreifung halten. Aber es gibt auch neue, phantasievollere Arten, mühelos ins Gespräch zu kommen. Als Satanist beispielsweise oder als Fortpflanzungsmediziner. Severino Antinori braucht sich bloß hinzustellen und zu verkünden, daß er Menschen klonen wolle, schon ist die Weltpresse interessiert. Allein die Verworfenheit seines Vorhabens macht offenbar den Italiener zitier- und abbildungsfähig. Wir würden wir uns nicht wundern, wenn Guido Knopp eine Fernsehreihe über seine lukullischen und erotischen Vorlieben drehte. Doch so weit ist es noch nicht. Vorläufig hat Antinori nur behauptet, daß sein Klonbaby in der ersten Januarwoche 2003 geboren werde. Das Ungeborene sei "absolut gesund". Ein Arzt, der von "absoluter" Gesundheit spricht, hat sich bereits disqualifiziert. Um seine Ankündigung glaubhafter zu machen, zeigt der Doktor nicht einmal Ultraschallaufnahmen. Verständlich, daß der Ort des Geschehens geheimgehalten wird. Doch warum spricht er überhaupt davon? Ruhmsucht und Eitelkeit sind ohnehin keine Tugenden, aber ekelhaft wird es, wenn einer um die Maske des Teufels buhlt.

Das verhindert alles nicht, daß das Klonen von Menschen heranrückt und Antinori der erste sein könnte. Am Anfang wissenschaftlicher Entwicklungen steht manchmal ein genialischer Schwindler. Immerhin hat es seit dem Schaf Dolly und der Katze Copycat schon weitere Klontiere gegeben, denen es nicht schlechtgeht. Allerdings waren jeweils etliche Fehlgeburten vorausgegangen. Deren Zahl sinkt zwar, aber bisher ist es schon aus medizinischen Gründen unverantwortlich, mit dem reproduktiven Klonen beim Menschen zu beginnen. In einem so frühen und unbefriedigenden Stadium bei den Tierversuchen wäre eine solche Entscheidung einfach unprofessionell. Aus diesem Grund erklärt sich auch weltweit kein Kollege mit Antinori solidarisch. Sogar die Chinesen stimmen in der UN gegen das reproduktive Klonen. Sie wissen, daß damit in absehbarer Zeit kein Geld zu verdienen ist. Anders ist es mit dem therapeutischen Klonen. Dieses wird sogar von Großbritannien und Italien als europäischen Ländern erlaubt und befürwortet. Gerade sind die Verhandlungen über eine gemeinsame UN-Resolution gegen jede Form des Klonens gescheitert. Gemeinsam mit den USA hatte auch Deutschland das allgemeine Verbot unterstützt. Deutsche Delegierte sollen jedoch anders intrigiert haben. Sie wollten wenigstens das Verdikt gegen das reproduktive Klonen schnell durchsetzen gegen das Alles-oder-Nichts-Prinzip. Nun soll im Herbst 2003 weiter verhandelt werden. Vielleicht ist das Baby dann schon ein halbes Jahr alt.


 
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