© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/02 06. Dezember 2002

 
Meldungen

Anhaltender Streit um türkischen EU-Beitritt

BRÜSSEL. EU-Kommissionspräsident Romano Prodi hat letzte Woche einen "Ring befreundeter Länder" um die EU vorgeschlagen. Dieser solle Staaten wie Rußland, Marokko, Ägypten und Israel umfassen, die nicht beitreten wollten, "aber deren Schicksal mit dem unseren verbunden ist", sagte Prodi letzte Woche der Pariser Zeitung Le Figaro. Die Zeit für einen Beitritt der Türkei sei nicht reif. Der Präsident des EU-Konvents, Valéry Giscard d'Estaing, hat seine Ablehnung gegenüber einem EU-Beitritt der Türkei bekräftigt. "Die Türkei hätte der EU beitreten können, sie wurde weder durch eine Besatzung noch durch politische Umstände daran gehindert", erklärte Giscard letzte Woche vor dem Auswärtigen Ausschuß der Pariser Nationalversammlung. Dazu sei es aber nicht gekommen. Die osteuropäischen Länder seien dagegen unter dem "sowjetischen Joch" gewesen und hätten "nicht gekonnt". Der Präsident des EU-Parlaments, Pat Cox, kritisierte den französischen Ex-Präsidenten. Es sei nicht Aufgabe Giscards, zu bestimmen, ob die Türkei ein europäisches Land sei oder nicht, sagte der irische Liberale dem Pariser Sender "Europe-1". Als Präsident des EU-Konvents solle er sich um die "Abgrenzung der Kompetenzen und die EU-Institutionen" kümmern, nicht aber um geographische Grenzen, meinte Cox.

 

Streit um Einführung einer Wahlpflicht

PARIS. Frankreich streitet über eine Wahlpflicht für seine Bürger. "Die Wahl ist eine Pflicht. Ich bin dafür, daß man die Beteiligung zur Pflicht erhebt. Wenn man mit dem Angebot nicht zufrieden ist, kann man immer noch einen weißen Stimmzettel abgeben", forderte letzte Woche der sozialistische Ex-Premier Laurent Fabius im Sender "RMC Info". Neben Fabius hat auch der bürgerliche UMP-Abgeordnete Charles Cova einen Gesetzentwurf zur Wahlpflicht erarbeitet. Der stellvertretende UMP-Fraktionssprecher Bernard Accoyer und der christlich-liberale UDF-Chef François Bayrou sprachen sich dagegen aus. "Demokratie ist Freiheit. Sie beinhaltet die Möglichkeit für jeden Bürger, sich zu äußern oder sich nicht zu äußern", warnte Accoyer.

 

Neuer Prozeß gegen Catherine Mégret

AIX-EN-PROVENCE. Die Ex-Bürgermeisterin der südfranzösischen Stadt Vitrolles, Catherine Mégret, soll wegen Aufstachelung zum Rassenhaß zu einer Bewährungsstrafe und einer Geldstrafe von 7.620 Euro verurteilt werden. Außerdem solle die Politikerin des rechten Mouvement National Républicain (MNR) fünf Jahre lang kein politisches Amt mehr bekleiden dürfen, forderte Anklagevertreterin Evelyne Kitanoff letzten Montag vor dem Berufungsgericht in Aix-en-Provence. Im Kommunalwahlkampf 2001 hatte die Ehefrau von MNR-Chef Bruno Mégret Einwanderung als "wahrhafte Kolonisierung von hinten" kritisiert. In einem Flugblatt forderte sie unter anderem, Franzosen bei städtischen Posten, Sozialhilfe und der Wohnungszuteilung zu bevorzugen. In erster Instanz war ihr im November 2001 für fünf Jahre das passive Wahlrecht entzogen worden. Zudem bekam sie die 7.620 Euro-Geldstrafe. Ihr Bürgermeisteramt verlor sie im Oktober 2002 an den Sozialisten Guy Obino. Das Gericht will sein Urteil am 10. Februar 2003 verkünden.

 

Moskauer Geiseln wollen Entschädigung

MOSKAU. Ein Moskauer Bezirksgericht hat letzten Dienstag erste Anhörungen zu Entschädigungsklagen von Opfern der Geiselnahme durch tschetschenische Terroristen im Oktober aufgenommen. Sieben Ex-Geiseln sowie Angehörige von Opfern verlangen von der Moskauer Stadtverwaltung eine Entschädigung in Höhe von je einer Million Euro). Bei der blutigen Geiselbefreiung im Musical-Theater waren am 26. Oktober mindestens 129 Geiseln gestorben.


 
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