© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/02 06. Dezember 2002


Annegret Kramp-Karrenbauer
Umfallen inklusive
von Christian Roth

Annegret Kramp-Karrenbauer ist wohl das, was man eine emanzipierte Frau nennt. Ihr Mann kocht, putzt und hütet die drei Kinder, während sie ihrem Beruf in einer klassischen Männerdomäne nachgeht. Es ist gut zwei Jahre her, daß der saarländische Ministerpräsident Peter Müller die heute 40jährige für das Innen- und Sportressort nominierte. Angesprochen auf die Tatsache, daß sie wohl einen der schwierigsten Namen der Politik-Szene habe, meinte sie etwas doppeldeutig. "Wer in Politik und Medien Leutheusser-Schnarrenberger bewältigt hat, wird auch Kramp-Karrenbauer aushalten." Die Politikwissenschaftlerin trat ein schweres Erbe ein. Ihr Vorgänger Klaus Meiser stolperte über sein Vorstandsamt beim skandalträchtigen Fußball-Klub 1. FC Saarbrücken. Der Schritt aus dem Schatten ihres prominenten Parteifreundes ist Annegret Kramp-Karrenbauer bis heute schwer gefallen.

Rhetorisch ohnehin eher durchschnittlich begabt, spielt sie im Kabinett Müllers nur eine Randrolle. Vor einigen Tagen schaffte es die Innenministerin immerhin zum ersten Mal, die bundesweite mediale Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. In einem Interview mit der Welt am Sonntag kritisierte sie die sogenannte Härtefallregelung, die 200.000 abgelehnte Asylbewerber vor der Abschiebung bewahren soll. Die Wirkung ihrer überraschend markigen Worte glich einem Stich ins Wespennest. Einschlägig bekannte Asyl-Lobbyisten warfen der Innenministerin vor, sie bewege sich auf "Möllemann-Niveau", und Grünen-Parteichefin Claudia Roth sah am saarländischen Polit-Horizont sogar eine neue "Welle des Rechtspopulismus" heraufziehen.

Doch als Hoffnungsträger der Unions-Rechten oder gar als Gralshüterin des "konservativen Tafelsilbers"( Jörg Schönbohm) taugt die Politikwissenschaftlerin nur bedingt. Kramp-Karrenbauer ist weit davon entfernt, eine "eiserne Lady" zu sein. Heimlich, still und leise hat sie alle unionsinternen Karrierestufen genommen. Stadträtin mit 22, Vizevorsitzende der Jungen Union hinter Mentor Müller, Landeschefin der Frauen Union und Vertreterin von Angela Merkel in der Familienkommission: Kramp-Karrenbauer hat das politische Geschäft von der Pieke auf gelernt. Umfallen inklusive. In der Frage der Zuwanderung ist sie zunächst nicht der "härteren" Linie Bayerns gefolgt, sondern der sanften Müller-Tour. Und als der Ministerpräsident im vergangenen Frühjahr plötzlich nach rechts ausbrach, stand Kramp-Karrenbauer Gewehr bei Fuß.

Für den Fall, daß ihr großer Förderer eines Tages doch den Verlockungen der Bundespolitik erliegen sollte, zählt die Innenministerin jedoch nicht zum Kreis der Nachfolgekandidaten. Ihr Vorgänger Klaus Meiser hat da weitaus bessere Karten. Der Liebling der CDU-Basis gilt nach zweijähriger Karenzzeit schon wieder als ministrabel. Annegret Kramp-Karrenbauer scheint zu ahnen, daß ihr der ganz große Durchbruch wohl verwehrt bleiben wird.


 
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