© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/02 06. Dezember 2002

 
PRO&CONTRA
Rabatte reduzieren?
Hermann Zoller / Roland Baader

Wir kennen doch die Entwicklung: Immer mehr Supermärkte auf der grünen Wiese, immer weniger Geschäfte in den Innenstädten und Gemeinden, weil die kleineren Geschäfte niederkonkurriert werden. In den Supermärkten ist vieles billiger, dafür muß man sich aber erst mal mit dem Auto hinbewegen, der Service ist meist schlechter und es gibt auch viele Menschen, die nicht so mobil sind. Anfangs waren das Möbelmärkte, Autohäuser und Baumärkte - inzwischen gibt es auch größere Gemeinden, in denen es schwierig ist, im Ort ein Brötchen zu kaufen.

...Richtig ist, daß der Handel über stagnierende Umsätze klagt. Viele Menschen sind verunsichert. Einkommensverluste mußten verkraftet werden. Überall ist von Krise die Rede. Folglich werden die Geldbeutel gehütet und nur das Notwendige gekauft. Das läßt sich nicht ändern durch einen überschäumenden Rabatt-Wettbewerb. Das bringt dem Handel nichts - und auch die Konsumenten haben letztlich keinen Vorteil davon. Das heute ergatterte Schnäppchen muß nach einiger Zeit durch Nachteile teuer bezahlt werden. Oder Artikel werden zunächst mit Mondpreisen ausgezeichnet, um dann Kunden mit großzügigen Rabatten zu ködern.

Aus einer Meldung von dpa vom 28. November 2002: 'Die deutsche Möbelbranche steckt in der Krise. Auch Sonderverkäufe und Preisnachlässe bis hin zu unseriösen Rabattschlachten im Handel können die Bundesbürger nicht stimulieren, mehr für ihr trautes Heim auszugeben.'

'Nichts fürchten Gewerkschaften mehr als den freien Markt', glaubt die Financial Times Deutschland bei ver.di beobachtet zu haben. Angesichts der Tatsache, daß auch bei Unternehmerverbänden und auf Wirtschaftstagungen der absolute freie Markt eher kritisch bewertet wird und deshalb 'Spielregeln' für notwendig angesehen werden, befinden sich die Gewerkschaften in guter Gesellschaft."

Hermann Zoller ist Sprecher der Dienstleistungsgewerkschaft "Ver.di". Der Text entstammt einem Kommentar auf der Netzseite.

 

 

Die Entwicklung zu großen Einkaufszentren und Supermärkten ist nicht eingetreten und tritt nicht ein wegen Rabatten, sondern durch deren günstige Einkaufs- und Verkaufspreise und wegen der Konzentration an einem Ort. Also hat der Verbraucher wesentlich mehr Vor- als Nachteile.

Ungehinderter Wettbewerb ist das beste, was dem Verbraucher passieren kann, er sorgt dafür, daß die Konsumenten auf Dauer und im großen und ganzen mit den von ihnen gewünschten Produkten zu den von ihnen bevorzugten Qualitäten und zu jeweils günstigsten Preisen versorgt werden. Und zum Wettbewerb gehört nun einmal, daß die Unternehmer frei über ihr Eigentum entscheiden können (was im übrigen auch ein Prinzip des Rechtsstaates sein sollte). Sie, die Unternehmer, müssen entscheiden können, zu welchen Preisen sie ihre Waren und Dienste anbieten. Das wichtigste Merkmal des Wettbewerbs ist, daß diejenigen Unternehmer am besten vom Markt entlohnt werden, welche die Bedürfnisse der Verbraucher am besten und günstigsten befriedigen. Ob der Unternehmer das mit dauerhaften Niedrigpreisen oder mit Rabatten macht, ist seine Sache. Und auch dieser Strategienmix kommt letztlich dem Verbraucher zugute, weil falsche oder unseriöse Taktiken auf mittlere und längere Sicht vom Markt bestraft werden. Freie Unternehmerentscheidungen sind die beste Grundlage für den Verbrauchernutzen, weil beide - Unternehmer und Verbraucher - letztlich vom selben Prinzip der Gegenseitigkeit auf dem Markt profitieren. Politiker- oder Funktionärsentscheidungen hingegen sind immer machtorientiert (auch Rabattverbote oder Regulierungen) und schaden somit allen Menschen außerhalb der Machtzirkel, also allen außer den Funktionären und ihren Pfründen selber. Die Behauptung, die Verbraucher "schützen" zu wollen - also letztlich die Verbraucher für dumm und unmündig zu halten - ist die Grundlage der Funktionärsmacht.

 

Roland Baader ist Diplomvolkswirt und freier Autor.


 
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