© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    49/02 29. November 2002

 
Den geistigen Reichtum erhalten
Bedrohte Sprachen: Forscher des Max-Planck-Instituts entwickelten Software für ein Online-Archiv
(JF)

Für die Entwicklung einer Software-Umgebung, die es ermöglicht, eine der größten im Internet verfügbaren Datenbanken für multimediale Sprachressourcen aufzubauen, haben Forscher vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik im holländischen Njimegen den diesjährigen Heinz-Billing Preis erhalten. Die komplexe Software erlaubt Audio- und Videoaufnahmen, Wissenschaftler können weltweit direkt darauf zugreifen. Der 1993 erstmals verliehene Preis ist mit 3.000 Euro dotiert.

Das Max-Planck-Institut für Psycholinguistik ist bestrebt, die Vielfalt der Sprachen zu erhalten. Gegenwärtig umfaßt die dortige Datenbank mehr als 15.000 linguistisch bedeutsame Einheiten, wie Interviews oder Mitschnitte eines Gesanges in einer Minderheitensprache. So bleiben die Sprachen einer wissenschaftlichen Analyse zugänglich. Derzeit werden noch etwa 6.500 Sprachen weltweit gesprochen. Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, daß bis zum Ende des 21. Jahrhunderts zwischen 60 und 70 Prozent dieser Sprachen verschwinden werden. Jede dieser Sprachen ist eng mit der Kultur ihrer Träger verbunden und damit ein wichtiges Zeugnis des menschlichen Denkens und des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Von daher verliert die Menschheit mit jeder aussterbenden Sprache auch ein Stück ihres geistigen Reichtums.

Doch in vielen Fällen ist das Aussterben der Sprachen nicht aufzuhalten. Eine der größten Herausforderungen besteht deshalb heute darin, die bedrohten Sprachen in ihrem sozialen Kontext systematisch aufzuzeichnen, um zumindest einige davon für künftige Generationen zu bewahren.


 
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