Die PDS-Politikerin Angela Marquardt gehört zu den rund hundert Bundestagsabgeordneten, die nach der Wahl vom 22. September das Parlament verlassen haben. Sie ist nicht freiwillig ausgeschieden. Der Sonntagsausgabe des Berliner Tagesspiegel ist dieses Politikerschicksal fast eine ganze Seite wert. Das großformatige Foto zeigt eine junge Frau mit punkermäßig bunten Haaren, die seitlich auf einer Steinbrüstung liegt. Die Kleidung: Kapuzenshirt, Jeans- und Lederjacke, erinnert an ihre Herkunft aus der Hausbesetzerszene. Sie stützt sich auf den rechten Ellenbogen und lächelt frontal in die Kamera. Sie ist, alles in allem, mit sich zufrieden.

Der Artikel enthält kaum etwas, was in dieser Zeitung nicht schon längst gestanden hat. Mit 23 wurde Marquardt Parteivize und bekam ein "Bombengehalt". Heute ist sie 31, "Studentin der Politologie (...), 14. Semester, Abschluß noch nicht in Sicht". So wird ihre intellektuelle Beschränktheit wenigstens dezent angedeutet. Unter anderen Umständen wäre das eine Fallstudie über den Einstieg in die Asozialität geworden. Da Angela Marquardt aber die Politik zum Beruf machte, hatte sie sogar "genug Geld für lange Tauchurlaube in Kenia und Namibia". Ein wenig erinnert das an die Abenteuerurlaube zur Resozialisierung straffällig gewordener Jugendlicher.

Der Artikel im Tagesspiegel gehört zur Gattung menschelnder Politikerporträts. Die Autoren haben einen guten Blick für Details und einen Sinn für Atmosphäre, doch das Wichtigste: das Politische, verfehlen sie.

Der eigentliche Skandal ist doch der: Vier Jahre lang hat eine ewig pubertierende Göre ohne Bildung, ohne Manieren und ohne Sinn für Langzeitperspektiven und für die Komplexität politischer Entscheidungen, an maßgeblicher Stelle an Beschlüssen über die innere und äußere Sicherheit, über die Renten-, Gesundheits- und Arbeitsmarktpolitik in Deutschland mitgewirkt. Potentielles Lumpenproletariat, das den Bundestag als soziales Auffangbecken und Resonanzraum zur Selbsterfahrung benutzt. Angela Marquardt ist vielleicht das schlimmste, aber nicht das einzige Exemplar dieser Sorte. Bei diesem Zustand unserer politischen Elite braucht man sich über den Zustand dieses Landes nicht zu wundern.