© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    45/02 01. November 2002

 
Frisch gepresst

Weltordnung. Die Geschichte der internationalen Beziehungen gehört nicht gerade zu den Paradefeldern deutscher Historiker. Eine gewisse, vor allem nach 1945 gewachsene Provinzialität ist wohl auch schuld daran, daß es von ihnen keine Geschichte völkerrechtlichen Denkens gibt und die 1984 wiederaufgelegte Arbeit Wilhelm G. Grewes über "Epochen der Völkerrechtsgeschichte" bereits 1944 das erste Mal erschienen ist. Angesichts dieser desolaten Forschungslage ist es sehr zu begrüßen, wenn nun Olaf Asbach die politische Ideenbildung zur "Rechtsordnung zwischen Staaten" bis tief ins 18. Jahrhundert zurückverfolgt. Nach mehreren Aufsätzen über den in Deutschland nahezu unbekannten Abbé de Saint-Pierre hat Asbach nun eine monographische Studie über diesen Völkerrechtsdenker der Frühaufklärung vorgelegt, die seine Projekte in Beziehung zu Rousseaus Reflexionen über ideale zwischenstaatliche Beziehungen setzt. Daß Asbach seine Arbeit in das aktuelle Spannungsfeld der durch die "Globalisierung" angeheizten Diskussionen über Nationalstaat und Weltstaat versetzt, versteht sich bei einer Untersuchung, die in Herfried Münklers Reihe "Politische Ideen" Aufnahme gefunden hat, natürlich von selbst (Die Zähmung der Leviathane. Die Idee der Rechtsordnung zwischen Staaten bei Abbé de Saint-Pierre und Jean-Jacques Rousseau. Akademie Verlag, Berlin 2002, 352 Seiten, 64,80 Euro).

Helmut Newton. Jeder berühmte Mensch gibt sich irgendwann dem Trieb hin, mit einer Autobiographie seine Mitmenschen zu quälen, und sei es nur, um sich noch einmal ins Gespräch zu bringen. Der weltberühmte Fotograf Helmut Newton läßt diese Qual erträglich werden, nicht weil er die Weisheit der Welt um Wesentliches bereichern kann, sondern weil sein Leben wirklich interessant war. Geboren 1920 als Helmut Neustädter im Berliner Bürgertum, flieht der verfolgte Jude 1938 über Singapur nach Australien. Seine ersten fotografischen Gehversuche machte er bereits 1932 mit der vielen noch bekannten Agfa Box, um jedoch erst nach dem Zweiten Weltkrieg seine Karriere zum bekanntesten Fotografen unserer Zeit zu starten. Naturgemäß spielen in Newtons "Autobiographie" Frauen eine große Rolle. Wer jedoch eine Aneinanderkettung erotischer Geschichten à la Henry Miller aus dem Milieu seiner Motive erwartet, dürfte enttäuscht sein (C. Bertelsmann Verlag, München 2002, 335 Seiten, 22,90 Euro)


 
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