© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    44/02 25. Oktober 2002


Anetta Kahane
Die Aktivistin
von Ronald Gläser

Die langjährige Berliner Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU) scheidet in Kürze altersbedingt aus dem öffentlichen Dienst aus. Und obwohl das Land pleite ist, hat Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) Johns Angebot, zwei Jahre lang ehrenamtlich weiterzuarbeiten, abgelehnt.

Die ehemalige DKP-Funktionärin Knake-Werner argumentierte, eine Planstelle könne nicht ehrenamtlich besetzt werden - frei nach dem Motto: Berlin geht vorschriftsmäßig pleite! Der wirkliche Grund aber ist, daß die linksliberale John für das inzwischen mitregierende linksradikale Spektrum noch nicht "ausländerfreundlich" genug ist.

Statt dessen favorisierte die Genossin Senatorin die Ausländeraktivistin Anetta Kahane; die hatte jüngst für Schlagzeilen gesorgt, als ihre Stasivergangenheit bekannt wurde. Ungeachtet dieser Tätigkeit leitet sie seit der Wende die vor allem in Berlin und Umgebung ansässigen "Regionalen Arbeitsstellen für Ausländerfragen" (RAA). Diese Organisation betreibt - freundlich formuliert - Propaganda für mehr Einwanderung nach Deutschland.

"Fachlich geeignet" beurteilt die PDS-Frau Knake-Werner daher die 48jährige Mitteldeutsche; daß Kahane Zuträgerin der Stasi gewesen sei, könne nicht per se als Ausschlußgrund gelten. Auch bei der SPD steht man ihr wohlwollend gegenüber. Laut SPD-Fraktionschef Michael Müller hat sich Kahane schließlich "große Verdienste im Kampf gegen Rechts erworben". In der Tat gehört sie zum gewaltigen Netzwerk "antifaschistischer" Organisationen. So ist sie Vorsitzende der "Antonio-Amadeu-Stiftung". Dieser Verein organisierte letztes Jahr wohltätige Veranstaltungen wie zum Beispiel das Konzert "Beat the Fascist Insect".

Anetta Kahanes Eltern waren aus dem Dritten Reich emigriert. Sie wuchs in Indien und Lateinamerika auf. 1974 nahm Kahane ein Studium der Lateinamerika-Kunde in Rostock auf. Bald darauf verpflichtete sie sich, ihr persönliches Umfeld zu bespitzeln. Sie habe dabei niemals jemandem geschadet, behauptet sie heute.

Ende 1980 oder Anfang 1981 beendete Kahane nach eigener Aussage ihre Denunziantentätigkeit. Sie behauptet, dies von sich aus getan zu haben. Dafür zollen ihr ehemalige DDR-Zeitungen wie die Berliner Zeitung sogar noch Respekt, sie habe ein "gehöriges Maß an Courage und Entschlossenheit" aufgebracht.

Nach der Wende wurde sie Ausländerbeauftragte in Ostberlin. Mit der Wiedervereinigung wurde ihr Ressort dem Barbara Johns eingegliedert, die sie jetzt beerben soll.

Aber Anetta Kahane verzichtete, womit die Besetzung der Stelle wieder offen ist. Als Begründung gibt sie an, nicht zum Spielball einer Stasidebatte werden zu wollen. Als öffentlich Bedienstete wäre nämlich ihre Stasiakte genauer unter die Lupe genommen worden. Vermutlich war ihr Wirken im SED-Staat doch nicht so harmlos, wie sie heute gerne behauptet.


 
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