© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    43/02 18. Oktober 2002

 
Nur ein Friedenstraum
Naher Osten: Israel und Palästina passen nicht in die EU
Ivan Denes

Michael Wolffsohn, Münchner Professor für Neuere Geschichte und Stammgast zahlreicher Fernsehrunden, hat in der Welt vom 9. Oktober gefordert: "Israel und Palästina in die EU!" Dem 1947 in Tel-Aviv geborenen Konrad-Adenauer-Preisträger schwebt vor, daß der jahrhundertealte Konflikt zwischen Juden und Moslems dadurch gelöst wird, daß die EU in eine "Befriedungsunion" umfunktioniert werde, was sie nie war und nie werden kann.

Die EU ist in erster Linie eine Wirtschaftsgemeinschaft mit knallharten Aufnahmebedingungen, darunter befriedete Grenzen. Das israelische Bruttosozialprodukt pro Kopf liegt zwar mit etwa 16.000 Euro (im Jahre 2000) über dem von Portugal (11.000) oder Griechenland (12.000), aber "Palästina" ist wirtschaftlich nicht eigenständig und lebte auch vor der "Zweiten Intifada" von internationalen Zuwendungen, einer kümmerlichen Landwirtschaft und dem Lohn der fast 60.000 Gastarbeiter in Israel.

Diesem Palästina, zukünftig zum Staat erklärt, sollen also die 75.000 EU-Vorschriften aufgezwungen werden? Der "Wolffsohn-Plan" sieht weiter vor: Israel räumt die 1967 besetzten Gebiete, Ostjerusalem wird die Hauptstadt Palästinas, fast alle israelischen Siedlungen werden aufgelöst, Israel erkennt das "moralische Unrecht der Vertreibung" an und bezahlt eine symbolische Entschädigung.

Abgesehen von den masochistischen Zügen dieser Vorschläge, die allesamt in Dayton auf dem Tisch lagen und lediglich zum neuem Blutvergießen führten, ist es erstaunlich, daß der Bundeswehr-Hochschullehrer noch nicht bemerkt hat, daß sich die EU nach dem 11. September 2001 in ein Bollwerk der abendländischen Wertegemeinschaft umgewandelt hat. Trotz Wolffsohns Empfehlungen wird auch die Türkei keinen Platz in der EU finden, und der Islam kann allemal nur ein störender Fremdkörper sein.

Dies um so mehr, als bald Palästinenserpräsident Arafat abgelöst und sein Platz von Scheich Yassin, dem Hamas-Chef und "Hohepriester des Terrors" (NZZ), eingenommen werden könnte. Und diese Symbolfigur der Islamisten hätte noch weniger in Europa verloren als der arabische Nationalist Arafat.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen