© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    42/02 11. Oktober 2002

 
Frisch gepresst

Zuwanderung. Im Wahlkampf zur Bundestagswahl schreckte die Union schon allein damit alle Vertreter eines "Konsenses der Demokraten" auf, indem sie in letzter Minute das Thema Zuwanderung auf die Tagesordnung setzte - ohne diese Politik grundsätzlich in Frage stellen zu wollen. Dabei wird die Zukunft unserer Gesellschaft ganz massiv durch diesen Faktor beeinflußt werden. Der Publizist Rolf Stolz, Mitbegründer und ehemaliges Bundesvorstandsmitglied der Grünen, warnt in seinem faktenreichen Buch davor, eine weitere Förderung von Einwanderung vorzunehmen - allein schon, um die Fehler der vergangenen Zuwanderung zu korrigieren. Denn eine stärkere, immer weniger assimilierte, ausländische Parallelgesellschaft am Ende der sozialen Leiter stehe dem Lebensinteresse des deutschen Volkes und dem der Eingewanderten entgegen. Schon die Beibehaltung des quantitativen Status quo mit gleicher demographischer Entwicklung führe zu einer die Gesellschaft bedrohenden Erosion in der Zukunft. Stolz redet damit der "Migrationskontrolle" unter der gesellschaftlichen Kosten-Nutzen-Analyse das Wort, wie sie in anderen Ländern gang und gäbe ist. Demnach dürfte keine andere Zuwanderung außer jener von Nobelpreisträgern und Millionären augenblicklich eine Perspektive haben (Deutschland, deine Zuwanderer. Fakten - Analysen - Chancen. Herbig Verlag. München 2002, 224 Seiten, geb., 22,90 Euro).

Deutschbalten. Lange angekündigt liegt jetzt endlich der noch auf das Erscheinungsjahr 2001 datierte Band über den politischen und kulturellen Einfluß der Deutschbalten in der Weimarer Republik und im Dritten Reich vor. Der Herausgeber Michael Garleff, Direktor des Oldenburger Bundesinstituts für ostdeutsche Kultur und Geschichte, gehört als Schüler des baltendeutschen Historikers Georg von Rauch nicht zu den Protagonisten einer nach "willigen Helfern" Ausschau haltenden Geschichtsschreibung. Das ist dieser Aufsatzsammlung gut bekommen, so daß die Studie Karsten Brüggemanns über den vermeintlichen "Führer des Führers", den beim Hitler-Putsch 1923 getöteten Erwin von Scheubner-Richter, in ihrer unwirschen Distanzierung von Ernst Noltes Interpretationen etwas aus dem Rahmen fällt, während die Ausführungen Christine Pajouhs zur Ostpolitik Alfred Rosenbergs nur wenig über die bekannte Untersuchung Alexander Dallins hinauskommen. Neuland betreten hingegen Niels von Redecker mit seinem Beitrag über "Victor von zur Mühlen und die nationalsozialistische Bewegung im estländischen Deutschtum" und Stephan Bitter mit seiner Fallstudie über den aus Dorpat stammenden Kirchenhistoriker Erich Seeberg, dessen Engagement für die "Deutschen Christen" erstmals von Kurt Meier in seiner Arbeit über die theologischen Fakultäten im Dritten Reich thematisiert wurde (Deutschbalten, Weimarer Republik und Drittes Reich. Böhlau Verlag 2001, 441 Seiten, 17,90 Euro).


 
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