© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    42/02 11. Oktober 2002

 
UMWELT
Das Prinzip Verantwortung
Volker Kempf

Gewiß, es gibt prinzipiell eine Pflicht zur Verantwortung ge-genüber der Schöpfung. Das drang aber erst vor 25 Jahren ins allgemeine Bewußtsein. Auf dem parteipolitischen Sektor hat sich hier die 1982 gegründete ÖDP hervorgetan. Erst 1988 hat sich das für die Öko-Demokraten bei einer Landtagswahl (in Baden-Württemberg) mit 1,4 Prozentpunkten ausgezahlt: die Partei erhielt erstmals eine Wahlkampfkostenerstattung. Die Konkurrenz wurde leicht nervös und schaute sich das ÖDP-Programm genauer an. Die FDP etwa übernahm im Ländle von einem Zehn-Thesen-Plakat einen Punkt und druckte diesen auf einem ihrer Plakate ab. In Bayern erzielte die Umweltpartei bald über zwei Prozentpunkte, was speziell CSU und Grüne wurmte.

Doch Mitte der neunziger Jahre war der Zenit überschritten. Die Wahlergebnisse gingen zurück. Erreichte die ÖDP bei ihrer ersten Bundestagswahl 1987 0,3 Prozent, so sind es 15 Jahre später noch ganze 0,1. Dem eine "Reißnagelfunktion" abzugewinnen, fällt da schwer - Mitleid wäre das zeitgemäßere Wort. Der Nagel ist längst ohne Spitze. Es wäre müßig, zu überlegen, warum die Öko-Partei so tief gesunken ist. Fakt ist, sie ist da, wo sie ist: Am Boden. In dieser Lage ein paar Aktivisten etwa in Hessen für eine Landtagswahl zu verheizen, wäre nicht gerade das Zeugnis eines verantwortungsbewußten Bundesvorstandes. Vielmehr würden im Namen der Verantwortung für die Schöpfung die Nächsten, die man lieben soll, für Nichts verheizt werden.

Wer tritt noch bei kommenden Landtagswahlen 2003 an? Man darf gespannt sein, ob das Prinzip Verantwortung sich durchsetzt oder allzumenschlich bis zur letzten Patrone weitergekämpft wird, ganz so, als ob noch auf die Wunderwaffe gehofft wird.


 
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