© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    42/02 11. Oktober 2002

 
WIRTSCHAFT
Geschmolzenes Ehegattensplitting
Bernd-Thomas Ramb

Zur Finanzierung der geplanten staatlichen Kinderbetreuung will die rot-grüne Bundesregierung das Ehegattensplitting "abschmelzen". Grundsätzlich bleibt demnach die gemeinsame Versteuerung von Ehegatteneinkommen mit hälftig steuerpflichtig zugewiesenem Einkommen bestehen, jedoch soll dieser Steuersatzvorteil nur bis zu einer bestimmten Einkommenshöhe gelten. Im Prinzip einig streiten die Koalitionspartner nur noch über die konkrete Einkommenshöhe, ab welcher das Ehegattensplitting fortfallen soll. Die Grünen meinen, bei einem Grenzwert von 45.000 Euro nur zehn Prozent der Ehepaare zu höheren Steuern heranzuziehen. Die SPD befürchtet, beide Werte seien zu niedrig angesetzt.

Beiden Überlegungslagern - dem grünen mehr, dem roten weniger - droht in jedem Fall die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Das Ehegattensplitting gilt dort als sakrosankt, wenn auch ein Abschmelzen bei den Superreichen nicht unbedingt als verfassungswidrig angesehen wird. Die abgrenzende Einkommenshöhe ist somit sehr hoch anzusetzen. Ob das dann aber zur Finanzierung der für die Kinderbetreuung geplanten etwa 1,5 Milliarden Euro reicht?

Einen gravierenden logischen Denkfehler besitzt der rot-grüne Plan ohnedies. Die Grenzziehung betrifft oder verschont die Ehepaare unabhängig von der Tatsache, ob sie kinderlos sind oder nicht. Das kinderlose, weniger verdienende Paar beteiligt sich nicht an der staatlichen Kindererziehung. Die kinderreiche Familie, in der die Mutter sich auf die Kinderbetreuung konzentriert, damit der Vater dadurch entlastet eine hoch bezahlte Arbeit leisten kann, wird gleich doppelt abgestraft. Sie will und hat nichts von der staatlichen Kindererziehung und darf trotzdem zahlen.


 
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