© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    42/02 11. Oktober 2002

 
"Unappetitliche Partei"
NPD: Fortführung des Verbotsverfahrens ist nach einer Anhörung noch ungewiß
Manuel Ochsenreiter

Der Verbotsprozeß um die NPD ist mit einem Erörterungstermin am Dienstag dieser Woche in seine entscheidende Phase getreten. Es soll geklärt werden, ob das Verbotsverfahren trotz der zahlreichen V-Leute in der Partei weitergeführt werden kann. Das Bundesverfassungsgericht hatte das Verfahren im Januar 2002 vorläufig gestoppt, nachdem bekannt wurde, daß in den Verbotsanträgen Äußerungen von V-Leuten als Beweise aufgeführt waren (die JF berichtete).

Die Anhörung vor dem Zweiten Senat in Karlsruhe soll klären, welchen Einfluß V-Leute des Verfassungsschutzes auf die NPD hatten und noch immer haben. Von den Antragsstellern, Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat wird der Vorwurf bestritten, die NPD sei eine "von Geheimdienstagenten ferngesteuerte Partei". Nach Ansicht des Bonner Rechtsgelehrten Wolfgang Löwer seien die V-Leute allesamt "überzeugte Rechtextremisten" und ihre Äußerungen seien von den Behörden nicht vorgegeben worden. NPD-Anwalt Horst Mahler wirft dem Verfassungsschutz indes eine "Anti-NPD-Strategie" vor. Über V-Leute nehme der Staat direkt Einfluß auf die Partei und deren Erscheinungsbild um sie - gemeinsam mit den Medien - zum "Teufel" oder zum "Bösen" zu stempeln. Der Staat wolle dadurch die "Konkurrenz der nationalen Parteien kleinhalten, um damit die Stabilität der Republik - also die Macht des Parteienkartells - zu erhalten. "Das ist ein Spiel, das sehr gut funktioniert", so Mahler.

Das jüngste Bundestagsergebnis von gerade mal 0,4 Prozent habe dies anschaulich gezeigt. Hintergrund dieser Strategie sei es, den "Willen der Deutschen, ihre völkische Geschlossenheit zu bewahren und die Multi-Ethnisierung abzuwehren", nicht zum Durchbruch kommen zu lassen. Deshalb sei die NPD als Partei, die weitere Zuwanderung von Ausländern ablehne, in das "Fadenkreuz des Staates" geraten sei.

Bundesinnenminister Otto Schily sagte vor Beginn der Anhörung, er rechne mit einer ordnungsgemäßen Fortsetzung des ausgesetzten Verfahrens. Die V-Mann-Affäre sei von den Medien übertrieben dargestellt worden, so Schily. Der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) bezeichnete die NPD in einem Interview im Inforadio Berlin-Brandenburg als eine "unappetitliche, aktiv-kämpferische Partei". V-Männer seien keine Mitarbeiter der Polizei, sondern normale, sich zu den Parteizielen bekennende NPD-Mitglieder, die "für ein paar hundert Mark im Monat" ihre Informationen an den Staat und dessen Behörden weitergeben.


 
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