© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/02 04. Oktober 2002

 
Über die Geschichten hinter der Geschichte
Gerüchte und Verschwörungstheorien nach den Anschlägen vom 11. September
Werner Olles

Vor dem Hintergrund der Attentate in den USA und der Jagd auf die Urheber erleben Verschwörungstheoretiker, Gerüchtemacher und Anhänger phantastischer Legenden eine wahre Blüte. Darf man dennoch fragen, ob die allgemein akzeptierte Tatversion vom 11. September 2001 eine mit Vorsatz inszenierte Verschwörungstheorie ist, die falsche Spuren legt?

Der Journalist Mathias Bröckers mißtraute dem Chor der scheinbar gleichgeschalteten Medien von Anfang an und machte sich im Internet auf die Suche nach alternativen und überzeugenderen Informationen. Seine Entdeckungen, die er über Monate im Online-Magazin telepolis zu einer millionenfach angeklickten Dokumentation verarbeitete, sind jetzt als Buch erschienen. Und was wir schon immer irgendwie ahnten, ist hier akribisch chronologisch dokumentiert: Der 11. September war nicht nur das Datum eines grauenvollen Massenmordes, sondern auch Kulminationspunkt von Ungereimtheiten und Widersprüchen, verschwiegener Hintergründe und strategischer Geheimaktionen.

Nur ein paar Beispiele, die für viele andere stehen, die den Leser nach der Lektüre kopfschüttelnd und ratlos zurücklassen: Das Geld für seine erste Ölfirma erhielt George W. Bush ausgerechnet vom Finanzchef jener Firma, deren mißratenen Sprößling er jetzt jagt: Bin Laden. Osama bin Laden wurde vom US-Geheimdienst CIA für den Widerstand gegen die sowjetische Okkupation Afghanistans aufgebaut. Noch Anfang des Jahres 2001 wies die Bush-Regierung FBI und CIA an, alle Untersuchungen in Sachen Bin Laden und seiner Terrororganisation einzustellen. Mitte des gleichen Jahres besuchte ein hoher CIA-Beamter den im American Hospital in Dubai liegenden Terroristenchef. General Ahmed, Chef des mit der CIA kooperierenden pakistanischen Geheimdienstes ISI, überwies dem Terrorpiloten Mohammed Atta im Juli 2001 100.000 Dollar. Am Morgen des 11. September frühstückte Ahmed mit zwei Vorsitzenden des Ausschusses für die US-Geheimdienste auf dem Capitol Hill. Wieso war an diesem Morgen die absolute "no fly area" über dem Pentagon völlig unbewacht und stiegen Abfangjäger erst 75 Minuten später auf? Warum wurden FBI-Berichte über verdächtige Flugschüler in Florida im Vorfeld gestoppt? Warum wurden die Warnungen befreundeter ausländischer Dienste vor einem bevorstehenden Anschlag dieser Größenordnung ebenfalls ignoriert?

Fragen über Fragen. Da möchte auch Wolfgang Eggert, Historiker, Journalist und bewährter Spezialist für Verschwörungstheorien, nicht zurückstehen. Er geht der "verschwiegenen Rolle von Mossad und CIA beim Terrorangriff auf die USA" nach, um die verheimlichten Manipulationen der Geheimdienste aufzudecken. Der Autor behauptet, daß der Krieg gegen Afghanistan und die arabische Welt bereits lange vor dem 11. September von den USA und Israel geplant wurde. Schon beim ersten Anschlag auf das World Trade Center 1993 hätten die Dienste ihre Finger im Spiel gehabt. Eggert breitet vor dem Leser das erschreckende Bild eines unter falscher Flagge segelnden Terrorismus aus, bei dem Bin Laden bestenfalls ein kleiner Bestandteil ist. Den Finger am Abzug hätten vielmehr Täter auf staatlicher wie auf wirtschaftlicher Ebene. Verdeckte Strukturen im Militär- und Geheimdienst-Apparat strebten eine Verschärfung der innen- und außenpolitischen Lage an, um dies für ihre extremistischen machtpolitischen Ziele zu nutzen. Es ginge - natürlich - um Ölinteressen, aber auch darum, die USA noch fester an Israel zu ketten, um Scharon freie Hand bei der endgültigen Vertreibung und Vernichtung der Palästinenser zu geben.

Kernthese des nun auch in Deutschland erschienenen Bestsellers des französischen Politikwissenschaftlers und Journalisten Thierry Meyssan ist, daß am 11. September kein von Terroristen gesteuertes Flugzeug die Explosion im Pentagon verursacht hat. Tatsächlich gibt es bis heute keine Fotos oder Videos von der angeblichen Absturzstelle, auf denen Wrackteile eines Flugzeugs zu sehen wären. So ist die Wiese vor dem Gebäudekomplex grün und frei von jeglichen Trümmern, und das ins Pentagon gerissene Loch zeugt nach Expertenmeinungen auch nicht vom Aufprall eines Großraumflugzeugs. Was also traf das Verteidigungsministerium? Meyssan stellt noch weitere unbequeme Fragen und entwirft anhand nachprüfbarer Dokumente ein Szenarium, das eine Reihe von berechtigten Zweifeln an den offiziellen Darstellungen der Vorgänge erlaubt. Von milliardenschweren Rüstungsinteressen des militärisch-industriellen Komplexes über langfristige geopolitische Zielsetzungen der Bush-Administration bis zur Etablierung eines totalitären Überwachungsstaates und der Durchsetzung einer globalen Pax Americana thematisiert der Autor alles, was zu einer ordentlichen Verschwörungstheorie gehört.

Für investigative Konspirologen wird der 11. September 2001 gewiß weiterhin ein lohnendes Betätigungsfeld bleiben. Und warum eigentlich auch nicht? "Ohne angemessene Verschwörungstheorien läßt sich unsere hochgradig komplexe und konspirative Welt gar nicht mehr verstehen" (Mathias Bröckers).

Mathias Bröckers: Verschwörungen, Verschwörungstheorien und die Geheimnisse des 11.9., Zweitausendeins, Frankfurt 2002, 358 Seiten, 30 Euro

Wolfgang Eggert: Angriffe der Falken. Die verschwiegene Rolle von Mossad und CIA bei den Anschlägen vom 11. September, Verlag Beim Propheten!, München 2002, 237 Seiten, 18 Euro

Thierry Meyssan: 11. September 2001. Der inszenierte Terrorismus. Auftakt zum Weltenbrand? Editio de facto, Kassel 2002, 237 Seiten, 18 Euro


 
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