© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    40/02 27. September 2002

 
Meldungen

"Zweite Moderne" als latenter Neoliberalismus

HAMBURG. Nicht nur als Kanzlerberater gilt der Münchner Soziologe Ulrich Beck als einer der einflußreichsten Vertreter seines Faches. Omnipräsent in den Medien ist Beck als verkörperter Zeitgeist zum Erfinder der "Zweiten Moderne" geworden, der die Heraufkunft der kosmopolitischen Weltgesellschaft und die Antiquiertheit des Nationalstaates predigt. Im neomarxistischen Das Argument (246/02) resümiert Volker Stork die brillante Kritik seiner Streitschrift (Konstanz 2001) gegen Becks sozialdemokratisch verbrämten Neoliberalismus in einem Aufsatz. Bei Beck sei viel von Individualisierung, wenig vom empirischen Individuum die Rede. Die "Leerformel" einer "Menschheitsdemokratie" projiziere nur den Lebensstil von Mittelschichtlern der "Selbst-Kultur" und reformuliere Ideale sozialer Bewegungen in "herrschaftskonformer" Weise.

 

Die neuen Länder kein Industriemuseum

MÜNSTER. Bleiben die Bundesländer in der ehemaligen DDR dazu verdammt, das Industriemuseum der BRD zu beherbergen? Ganz so schwarz sehen die beiden Ökonomen Cornelia Lang und Ralf Müller die Lage der von Massenarbeitslosigkeit und Abwanderung gezeichneten mitteldeutschen Regionen nicht (List Forum, H. 2/02). Tatsächlich sei in der Industrie der neuen Länder eine sehr moderne Struktur entstanden, jedoch begrenzt auf den traditionellen Sektor der "Old Economy". Das eröffne für die weitere Produktivitätsentwicklung keine ermutigenden Perspektiven, auch wenn die kleine "New Economy" ein "vorsichtig optimistisches Bild" vermittle: sie sei innovativ, überregional und international aktiv und verfüge über gut qualifizierte Fachkräfte.

 

Kirche als Motor sozialen Wandels in Afrika

MÜNCHEN. Die katholische Kirche solle in Afrika eine führende Rolle beim Aufbau der "Zivilgesellschaft" übernehmen. Der Jesuit Aquiline Tarimo scheint an die südamerikanische Befreiungstheologie zu denken, wenn er die Kirche als Motor sozialer Umwälzungen empfiehlt (Stimmen der Zeit, H. 9/02). Der wichtigste Schritt, um dem politischen und ökonomisch-ökologischen Desaster zu entkommen, bestehe in den mit kirchlicher Hilfe zu organisierenden "Zusammenschlüssen auf mittlerer Ebene", die Einparteiensysteme und Militärregime aufbrechen müssen. Zu stoppen sei der vom reichen Norden mit "Green Cards" geförderte Exodus Intellektueller, die zum Aufbau funktionierender Schulsysteme benötigt würden, das sich vom dominanten System der "beschäftigungsorientierten Bildung", der "Hervorbringung von Arbeitern im Lohnsektor" lösen müsse.

 

Plädoyer für Geschichte der Vertreibung

STUTTGART. "Die Geschichte der Provinzen, die wir verloren haben, ist als deutsche Geschichte vorbei." Davon geht der in Stolp geborene Münchner Althistoriker Christian Meier in seiner Dankrede für den Pommerschen Kulturpreis aus (Merkur, Heft 640). Trotzdem müsse die Geschichte der preußischen Ostprovinzen weitergehen, nicht zuletzt dadurch, daß die Geschichte von Flucht und Vertreibung "wie überhaupt die Geschichte der damaligen Generation endlich geschrieben" werden müsse.

 

Erste Sätze

Wie Georg Wilhelm Friedrich Hegel 1820 bemerkte, und wie Viola Gräfin von Bethusy-Huc 1965 bestätigte: das Volk ist nicht in der Lage sich selbst zu regieren.

Johannes Agnoli, Die Transformation der Demokratie, Berlin 1967


 
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