© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    39/02 20. September 2002


Das Modell einer gerechteren Weltpolizei
Der Politikwissenschaftler Dominik A. Faust fordert eine grundlegende Reform der Uno vom Konsensbund zur Exekutivmacht
Michael Waldherr

Was können die Vereinten Nationen für die kollektive Sicherheit leisten und was läßt sich verbessern? Dominik A.Faust liefert nicht nur eine Analyse, sondern entwirft auch Alternativen.

Überschwemmungen, Umweltzerstörung, Überbevölkerung, Wasser- und Energieknappheit - die Ursachen für bewaffnete Konflikte werden nicht ausgehen. Allein im vergangenen Jahrzehnt starben Millionen Menschen aufgrund von Bedrohungen und Brüchen des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit. Dabei gäbe es mit den Vereinten Nationen eine internationale Organisation, die diese Entwicklung zumindest eindämmen könnte. Fast alle Staaten der Erde sind Uno-Mitglied und haben sich in der UN-Charta verpflichtet, Aggressoren und Friedensbrecher kollektiv in ihre Schranken zu weisen. Aber wie wirksam ist die Uno bei der Friedenssicherung? Dominik A. Faust, bis Ende 2001 außen- und sicherheitspolitischer Referent der CSU-Landesleitung in München, hat das System kollektiver Sicherheit der Uno auf seine Effektivität hin analysiert. Dazu entwickelte der 35jährige Journalist und promovierte Politikwissenschaftler rechtliche, politische, militärische, finanzielle und informationstechnische Effektivitätskriterien für die Beurteilung des Sicherheitssystems als Ganzes sowie für die Beurteilung der Instrumente dieses Systems wie friedliche und militärische Sanktionen. Dabei berücksichtigte er besonders den vielfältigen UN-Einsatz in Bosnien. Das Ergebnis seiner Analyse: Das System kollektiver Sicherheit der Uno ist nicht effektiv. Die Uno nutzt zu selten die Möglichkeit der gewaltsamen Intervention zur Friedenssicherung und schreckt so potentielle Aggressoren kaum ab.

Die Gründe der Unwirksamkeit sind vielfältig. Unter anderem mangelt es dem UN-Sicherheitssystem an Rechtssicherheit aufgrund von Kann-Bestimmungen in der UN-Charta. Außerdem läßt sich zu selten ein gemeinsamer Wille aller 189 UN-Mitglieder herstellen. Ferner fehlt es an einer permanent verfügbaren Sanktionsstreitmacht. Zudem blockieren sowohl das im Sicherheitsrat praktizierte Konsensprinzip sowie das absolute Vetorecht einiger weniger UN-Mitglieder das gesamte System. Hinzu kommen die schlechte Zahlungsmoral der UN-Mitglieder sowie ein fehlender Informationsverbund.

Anhand der Ergebnisse der für eine politikwissenschaftliche Arbeit ungewöhnlichen Effektivitätsbetrachtung entwirft Dominik A. Faust ein alternatives Sicherheitssystem. Sein effektiveres globales Modell ist einerseits gewagt, andererseits erfrischend. Es basiert auf den Grundstrukturen des UN-Systems, sieht aber unter anderem Änderungen der UN-Charta, einen Automatismus für die Friedenssicherung sowie einen Sicherheitsrat mit Regionalausschüssen vor. Ferner werden in dem Modell Kooperationen dieser Regionalausschüsse mit geeigneten militärischen Regionalorganisationen wie Nato, Europäische Union, die Vereinigung südostasiatischer Staaten (Asean/ARF), Arabische Liga und die Organisation der amerikanischen Staaten (OAS) untersucht.

Der Autor, heute Pressesprecher eines wehrtechnischen Unternehmens in München, denkt in großen Alternativen, die in der Politikwissenschaft heutzutage wenig gefragt sind. Das stringent gegliederte Buch besticht auch durch die Klarheit der Argumentation sowie durch eine breite Materialbasis. Kurzum: Das Buch ist für sicherheitspolitisch Interessierte Pflichtlektüre.

Dominik A. Faust: Effektive Sicherheit. Westdeutscher Verlag, Wiesbaden 2002, 428 Seiten, 39 Euro


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen