© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    37/02 06. September 2002

 
Allein mit der Trauer
Tag der Heimat: Eindrucksvolle Rede von Guido Knopp
Matthias Bäkermann

Am vergangenen Sonntag wurde anläßlich des "Tages der Heimat" die zentrale Veranstaltung des Bundes der Vertriebenen (BdV) in Berlin durchgeführt. Nach einer Kranzniederlegung am Zentralen Mahnmal der deutschen Heimatvertriebenen und eines ökumenischen Gottesdienstes im Französischen Dom fand am Nachmittag der Festakt in der Komischen Oper "Unter den Linden" statt.

In ihrer Begrüßungsrede hob die BdV-Präsidentin Erika Steinbach (CDU) die positive Rolle des anwesenden Bundesinnenministers Otto Schily hervor, der 1999 auf dem damaligen "Tag der Heimat" mit seiner Ansprache "der politischen Linken die Tore zu einem gesellschaftspolitischen Thema neu geöffnet" hätte. Steinbach unterstrich die Notwendigkeit, das Zentrum gegen Vertreibung in Berlin und nicht in Breslau anzusiedeln. Sie verwahrte sich gegen die Forderung nach einem Abschluß der Geschichte der Vertreibung: "Schlußstriche sind keine Hilfestellung, sondern Blockaden für eine gute Zukunft." Nach der BdV-Präsidentin und vor der offiziellen Festrede des ehemaligen Beauftragten für die Stasiunterlagen, Joachim Gauck, hielt der Leiter der Redaktion Zeitgeschichte beim ZDF, Guido Knopp eine bemerkenswerte Ansprache.

Knopp bemängelte, daß "bei den Meinungsbildern der öffentlichen Meinung lange eine tiefsitzende Scheu, die Verbrechen der Vertreibung beim Namen zu nennen" festzustellen wäre, weil die Furcht grassierte, daß angesichts des Holocaust die Erinnerung an die Tragödie der Vertriebenen der Aufrechnung diene. Selbst die Trauer über die abermillionen Schicksale, von denen Knopp mit erschreckenden Bildern nur einige Beispiele Revue passieren ließ, mußte im Stillen ertragen werden, was er auch mit der "teils versteckten Botschaft der nichtgeflohenen, nichtvertriebenen Mehrheit" begründete, die diese Bewältigung praktisch ins Exil der Landsmannschaften delegierten. Auch Knopp begründete die Notwendigkeit eines Zentrums gegen Vertreibung in Berlin gegen allen Argwohn, der nicht nur bei einigen polnischen und tschechischen Historikern, sondern insbesondere immer noch bei den sich selbst mißtrauenden Deutschen lebendig sei.


 
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