© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    37/02 06. September 2002


Zu viele Köche
von Thorsten Thaler

Manche Therapien, sagt Karl Kraus, sind lediglich Symptome der Krankheit, die sie angeblich bekämpfen. So auch die vorgestern zu Ende gegangene UN-Weltkonferenz für "Nachhaltigkeit". Der Massenauftrieb von Johannesburg (50.000 Delegierte!) spiegelte getreulich das Übel wider, das aller Nachhaltigkeit, aller Schonung der Bestände, im Wege steht: Es gibt zu viele Menschen auf dieser Welt, zu viele Esser, zu viele Zerstörer, zu viele Energieverbraucher - und zu viele Delegierte.

Über das "Zu viel" sprach keiner dieser Delegierten in Johannesburg. Statt dessen stritt man sich wie üblich über die bessere Verteilung der Ressourcen, des Wassers, der Gen-Reservate, der Reichtümer. Es gab die üblichen Fronten: Nord gegen Süd, Arm gegen Reich, die USA gegen den Rest der Welt. Am Ende erklärte man, diesen und jenen "Durchbruch" erzielt zu haben, es wurde dieses und jenes Protokoll unterschrieben, aber alle wußten: Geändert hat sich nichts, der Weg in die globale Verwüstung geht weiter.

Mit Massenkonferenzen à la Johannesburg, so viel scheint man immerhin erkannt zu haben, kann die Misere nur verschlimmert werden, siegt Wichtigtuerei über reale Politik. Nicht auf Erklärungen und Protokolle kommt es an, sondern auf den Willen jeder guten Regierung, das längst für notwendig Erkannte ohne Wenn und Aber in die Tat umzusetzen und dabei auch vor unpopulären Maßnahmen nicht zurückzuschrecken.


 
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