© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    36/02 30. August 2002

 
UMWELT
Lästiger Umweltschutz
Volker Kempf

Joghurtbecher gekauft - mit Bio-Siegel -, Alu-Deckel aufgerissen, Joghurt ausgelöffelt. Doch dann geht die Arbeit erst los: Alu-Deckel ablecken, zur gelben Tonne schreiten und reinschmeißen. Dann den Becher, bestehend aus Plastik und einer Pappummantelung, auseinanderdröseln. Den Becher soll man nicht auswaschen (der Umwelt zuliebe); aber so mit den Restposten von Joghurt drin kann das Recycling auch nichts werden. Also trotzdem zumindest das Gröbste ausgespült und ab in die gelbe Tonne damit. Bleibt die Pappummantelung. Diese gehört in den Altpapierkarton, der schon langsam überquillt und die in sich gekrümmten Pappummantelungsschnipsel zur Plage werden läßt, weil die so leicht wieder aus dem überfüllten Karton schnäppern - anders als Zeitungen, die bleiben wenigstens so liegen, wie man sie hingelegt hat. Also den Schnipsel wieder genervt aufgehoben und nochmals auf den Altpapierberg gestapelt, wo er noch immer herumliegt, aber die später über ihn gestapelten Zeitungen vorzeitig ins Wanken bringt.

Das nächste Mal landete dann ein Joghurtbecher ohne Bio-Siegel im Einkaufswagen. Doch auch hier das gleiche Brimborium. Zum Verzweifeln. Fast kommt es einem vor, das Gedrösel soll eine Ersatzhandlung für das Versagen der Umweltpolitik sein, da es dem ruhigzustellenden Volk das Gefühl geben könnte, etwas für die Umwelt geleistet zu haben. Aber das ist Gefühlssache, weil man eigentlich zum Angestellten der Verpackungs- und Müllindustrie wird, die die Sortierarbeit in die Küchen delegiert. Das ist so lästig wie eine Schnake, die einem beim Einschlafen um die Ohren saust und selbst dem eifrigsten Tierschützer die Hand ausrutschen läßt. Joghurt aus dem Becher mit Pappummantelung? Nein danke!


 
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