© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    36/02 30. August 2002

 
Alois Glück
Der Nachfolger
von Frank Philip

Die Politik der CSU pendelt bekanntlich irgendwo zwischen Laptop und Lederhosen. Gemeint ist damit ein Ausgleich zwischen Zukunft und Herkunft, zwischen Tradition und Moderne. Jungkarrieristen der Partei, die mit Anglizismen um sich werfen und von der New Economy (heute alp-)träumen, schauen beim Thema Tradition etwas ratlos. "Darf man in Zeiten der Digitalisierung konservativ sein?", fragt auch Alois Glück, CSU-Fraktionsvorsitzender im Landtag, und antwortet mit einem kräftigen "Ja". Es würde ein "geradezu überlebenswichtiges Element" fehlen, wenn die Union ihre konservativen Wurzeln verdorren ließe, so der CSU-Politiker, der als aussichtsreicher Kandidat für Stoibers Nachfolger im Amt des bayerischen Ministerpräsidenten gilt, sollte dieser Bundeskanzler werden.

Protzig-neureiche Münchner Schicki-Mickis können sich kaum vorstellen, daß Bayern noch bis in die sechziger Jahre ein sehr bescheidenes Agrarland war. Alois Glück gehörte zu den rund 35 Prozent, die in der Landwirtschaft arbeiteten: 1940 im Landkreis Traunstein in eine Bauernfamilie geboren, führte Glück sieben Jahre, von 1957 bis 1964, den elterlichen Hof. Glück weiß, wie man eine Kuh melkt oder Traktor fährt, und auch heute noch, da er zu den Feinsinnigen und Gebildeten in der CSU-Führung zählt, hebt er dank dieser Erfahrungen nicht ab. "Mit einem kritiklosen Modernisieren, mit einer durchgängigen Ökonomisierung unseres Lebens würden wir in eine inhumane Zukunft gehen", warnt er alle Fortschrittler.

Die Gesellschaft, so Glück, brauche eine feste, christliche Werteordnung. In der von ihm propagierten "Aktiven Bürgergesellschaft" spielen ehrenamtliche Tätigkeiten, also der Dienst an der Gemeinschaft, eine herausragende Rolle. Glück war von 1964 bis 1971 bayerischer Landessekretär des Katholischen Landjugendrings und begann zugleich als freier "Agrarjournalist" zu arbeiten. Dann ging es steil bergauf: Seit 1970 sitzt Glück im Landtag, wo sich der Vater zweier Kinder durch seine ruhige und verläßliche Art schnell Ansehen erwarb. Über ein Jahrzehnt leitete er den Ausschuß für Landesentwicklung und Umweltfragen, bis er 1986 zum Staatssekretär im Umweltministerium ernannt wurde. Zwei Jahre später stand er an der Spitze der CSU-Landtagsfraktion.

Doch auch ihm, der weltanschaulicher Anker der Partei sein sollte, geraten die christlich-konservativen Prinzipien manchmal ins Schwimmen: Seine Unterstützung für die am linken Rand der Union angesiedelte Katherina Reiche als Familienkompetenzlerin in Stoibers "Team" hat nur den verwundert, der Glücks lauwarme Haltung zur Gentechnik nicht kennt. In einem gemeinsam mit Horst Seehofer verfaßten Thesenpapier sprach er sich gar - wenn auch zaghaft - für den Import embryonaler Stammzellen aus. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Girisch kritisierte daraufhin scharf, das Papier "führt uns einen Schritt weiter hin zum moralischen Abgrund".


 
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