© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/02 23. August 2002

 
Triumph des Lebens
(tha)

Helene Amalia Bertha Riefenstahl wird am 22. August 1902 als erstes Kind des Kaufmanns Alfred Theodor Paul Riefenstahl (1878-1944) und seiner Frau Bertha (1880-1965) in Berlin-Wedding geboren. Drei Jahre später kommt ihr Bruder Heinz auf die Welt, zu dem sie ein enges Verhältnis hat. Er stirbt 1944 im Krieg.

Bis 1918 besucht Leni Riefenstahl das Kollmorgensche Lyzeum. Anschließend nimmt sie ohne Wissen ihres Vaters an der Helene-Grimm-Reiter-Schule am Kurfürstendamm Unterricht in Ausdruckstanz und klassischem Ballett. Nachdem der Vater davon erfährt, schickt er sie 1919 für ein Jahr in ein Pensionat in Thale im Harz. Nach weiteren Auseinandersetzungen mit dem Vater, der das Tanzen für anrüchig hält, setzt sich Leni durch; sie beginnt eine klassische Balletausbildung bei Eugenie Eduardowa, einer russischen Primaballerina; zusätzlich nimmt sie Stunden in Ausdruckstanz. Der Durchbruch als gefeierte Tänzerin gelingt ihr im Oktober 1923 mit ersten Soloauftritten nach eigener Choreographie in München und Berlin. Max Reinhardt engagiert sie als Solotänzerin für das Deutsche Theater und die Kammerspiele. Es folgen rund 70 Auftritte, die sie durch zahlreiche Städte Deutschlands und bis nach Zürich, Wien und Prag führen.

Nach einer Knieverletzung muß sie 1924 ihre Karriere als Tänzerin beenden. Sie lernt den Regisseur Arnold Fanck kennen, der sie als Darstellerin für seinen Film "Der heilige Berg" (1926) verpflichtet. Es folgen weitere Filme unter der Regie von Fanck. Sie spielt Hauptrollen in "Der große Sperung" (1927), "Die weiße Hölle vom Piz Palü" (1929), "Stürme über dem Montblanc" (1930), "Der weiße Rausch" (1931) und "S.O.S Eisberg" (1933). Die Gagen steckt sie in ihr erstes eigenes Filmprojekt. Am 24. März 1932 findet in Berlin die vielumjubelte Premiere ihres Regiedebüts "Das blaue Licht" statt. Der Film, in dem sie auch die Hauptrolle spielt, wird ein Welterfolg.

1934 dreht sie den vielfach ausgezeichneten, nach dem Krieg und bis heute aber höchst umstrittenen Film "Triumph des Willens" vom Reichsparteitag der NSDAP in Nürnberg (siehe Seite 20). Zwei Jahre später folgen die Olympiafilme "Fest der Völker" und "Fest der Schönheit". Nach dem Krieg wollen viele in Leni Riefenstahl nur noch die NS-Propagandistin sehen. Sie wird unter Arrest gestellt und von der französischen Militärregierung für drei Monate in eine Psychiatrische Klinik in Freiburg eingewiesen. In einem Entnazifizierungsverfahren, das sich bis 1952 hinzieht, wird sie von der Berliner Spruchkammer schließlich als "Nichtbetroffene" eingestuft. Ihre Karriere als Regisseurin kann sie trotzdem nicht fortsetzen.

Sie sattelt um auf Fotografie. Mit Fotoreportagen über ihre Aufenthalte bei den Nuba in Afrika macht sie erneut auf sich aufmerksam. Für ihre Bildbände "Die Nuba" (1973) und "Die Nuba von Kau" (1976) erhält sie Ehrungen und Auszeichnungen. 1978 erscheint der Bildband "Korallengärten", vier Jahre später "Mein Afrika". 1987 veröffentlicht sie ihre Memoiren.

Mit 71 Jahren belegt sie einen Tauchkurs und arbeitet fortan als Unterwasser-Filmerin und -Fotografin. Vorigen Donnerstag strahlte der Fernsehsender Arte erstmals ihren neuen Film "Impressionen unter Wasser" aus. Während ihr Werk im Ausland immer wieder ausgestellt wird, findet die erste umfassende Retrospektive in Deutschland erst 1998/1999 im Filmmuseum Potsdam statt. Sie erweist sich als Publikumsmagnet.

Am 29. Februar 2000 überlebt die 97jährige Leni Riefenstahl zusammen mit ihrem Kameramann und Lebensgefährten Horst Kettner einen Hubschrauberabsturz über dem Sudan. Nun läßt sie der Triumph des Lebens an diesem Donnerstag ihren hundertsten Geburtstag feiern. (tha)


 
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