© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/02 23. August 2002

 
UMWELT
Semperoper und Krokodile
Volker Kempf

Die Semperoper in Dresden ist abgesoffen. Wer das nicht im Fernsehen gesehen hat, konnte derlei Phänomene in den Tageszeitungen bestaunen. Was mit dem Jahrhunderthochwasser auch abgesoffen ist, wovon aber relativ wenig Notiz genommen wird, das ist der Dresdener Zoo, der in einer Senke liegt. Gut, die Giraffen dürften noch am besten dran sein. Aber was ist mit den Löwen, Nashörnern und dem ganzen exotischen Kleingetier wie Klapperschlangen? Die kann man vor den Fluten nicht einfach frei davonlaufen lassen. Und Krokodile: Schwimmen die jetzt in der Elbe herum? Vielleicht auch Nilpferde? Oder ertrinken die zum Teil im Namen des Artenschutzes eingesperrten Wildtiere in ihren Käfigen? Wohl kaum, zur Not werden sie eingeschläfert, wie die Fernsehkameras zumindest vom Zoo in Prag berichteten. Erst wenn die Fluten hinfort sind, wird das ganze Ausmaß der Katastrophe zu besichtigen sein.

Mit handzahmen Haustieren ist die Rettung schon einfacher. Wie schön die Bilder, die zeigen, daß Menschen ihre treuen tierischen Sozialpartner mit in die Schlauchboote der Feuerwehr nehmen. Mensch und Tier sind mitunter doch treue Seelen. Weniger schöne Bilder gab es aus der Landwirtschaft. So konnte ein Bauer seine Stalltiere nicht mehr rechtzeitig frei lassen. Das wird kein Einzelfall sein. Andere Kühe stehen auf überfluteten Wiesen, bis ihnen das Wasser wortwörtlich bis zum Halse steht. Opfer des Hochwassers sind nicht nur Menschen, in Mitteleuropa Dutzende an der Zahl, sondern auch Tiere, die keiner gezählt hat. Wo die Rettungskräfte alle Hände voll zu tun haben, da werden unsere Mitkreaturen als erstes hinweggespült. Auch ihnen gilt unser aller Mitgefühl, und vielleicht auch die eine oder andere Lehre für die Zukunft.


 
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