© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/02 23. August 2002


Bequeme Antworten
von Steffen Königer

Am Montag wurde in Berlin die 14. Shell-Studie veröffentlicht. Sensation! Zumindest wurde der Eindruck erweckt, die Jugend ist auf den Pfad der Tugend zurückgekehrt. Bei einem Blick auf erste Statistiken jedoch Enttäuschung: 88 von 100 Jugendlichen halten "Tolles Aussehen" für das Wichtigste, knapp gefolgt von "Karriere" und "Technik" mit je 81 Nennungen. Und "Markenkleidung" wird im gleichen Atemzug wie "Treue" genannt (78). Es bleibt zu hoffen, daß die Studie, die jetzt in Buchform erscheint, nicht überflüssig wie ein Kropf am Hals ist - erste Kommentare lassen nichts Gutes erahnen: "Die ideologisch unterfütterte 'Null-Bock-Stimmung' früherer Generationen ist passé", jubilierte der Bielefelder Jugendforscher Klaus Hurlemann. Das Ergebnis besagt seiner Meinung nach, daß der Jugend die Protest-Stimmung abhanden gekommen sei, da jetzt Leistung, Sicherheit, Macht und Einfluß im Mittelpunkt stünden. Dankbar wurde die Vorlage von den Sozialdemokraten aufgenommen, die sich den vermeintlichen Erfolg gleich auf die Fahnen schrieben. Die Studie zeige, daß "die SPD die Bedürfnisse der Jugendlichen erkannt hat und ihnen die Freiräume schafft, diese auch umzusetzen", ließ das SPD-Präsidiumsmitglied Ute Vogt verlautbaren.

Um aussagekräftige Antworten zu erhalten, hätten wohl auch Werte wie "Gemeinschaft", "Nation" oder "Leitkultur" dazugehört. Aber wie das so ist mit solchen Studien: Warum denn Gefahr laufen, unbequeme Ergebnisse zu erzielen.


 
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