© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    34/02 16. August 2002

 
Nachfolgekämpfe an der Isar
Bayern: In der CSU hoffen gleich mehrere Politiker auf den Sessel des Ministerpräsidenten, falls Edmund Stoiber Kanzler wird
Frank Philip

Hinter den Kulissen der weiß-blauen Regierungs- und Staatspartei wird schon eifrig geschoben. Nachdem Kanzlerkandidat Edmund Stoiber vergangene Woche seinen treuen CSU-Gefährten Günther Beckstein ins "Kompetenzteam" berufen hat, schließt man in München neue Wetten ab: Wer will, wer darf nach einem Wahlsieg Stoibers gegen Schröder nächster bayerischer Ministerpräsident werden? Ginge es nach dem Willen der bayerischen Wähler, so hätte Beckstein im Rennen um die bayerische Erbfolge die Nase vorn. Laut einer aktuellen Umfrage im Auftrag des BR-Fernsehmagazins "Zeitspiegel" wünschen sich 44 Prozent der Bayern den scharfen Innenminister als Stoibers Nachfolger, unter CSU-Anhängern sind es gar satte 53 Prozent.

Weit abgeschlagen hinter Beckstein liegt die Strauß-Tochter und Schulministerin Monika Hohlmeier auf dem zweiten Platz: Fünfzehn Prozent wollen sie auf dem Chefsessel sehen, doch CSU-intern werden ihr keine Chancen eingeräumt. Für den Fraktionschef Alois Glück sowie für den Chef der Staatskanzler Erwin Huber sprachen sich bei der Befragung jeweils neun Prozent der Bayern aus, CSU-Generalsekretär Thomas Goppel kam mit acht Prozent auf den fünften Platz. Beckstein genießt im Freistaat noch vor dem Landesvater die höchsten Sympathiewerte, aber winkt ab: "Keine Sekunde" wolle er zögern, Stoiber im Falle eines Wahlsiegs nach Berlin zu folgen, sagte er vergangene Woche. Mit Stoiber zögen noch weitere CSU-Platzhirsche in die Bundeshauptstadt, Huber etwa soll als Kanzleramtschef vorgesehen sein.

Da letztlich die CSU-Fraktion im bayerischen Landtag den Ministerpräsidenten wählt, gilt Glück als Kronprinz, obwohl sein Verhältnis zu Soiber herzlich schlecht ist. Als gediegener Konservativer, hört man in der Partei, könnte Glück auch gegenüber einem Kanzler Stoiber das bayerische Regionalprofil der CSU wahren und die absolute Mehrheit sichern. Persönliche Animositäten zwischen den Partei-Granden werden im Wahlkampf streng zurückgestellt, doch hinter vorgehaltener Hand sind zuweilen harsche Töne zu vernehmen: "In der CSU-Führungsriege beten einige täglich drei 'Vater unser', daß Stoiber gegen Schröder gewinnt und es dann in der Landespolitik endlich wieder Luft gibt", erklärt ein Mitarbeiter der CSU-Landesleitung im vertraulichen Gespräch mit der JUNGEN FREIHEIT.

Der 62jährige Glück steht allerdings nach Ansicht vieler nur für eine Übergangsperiode bereit. Partei-Kenner tippen auf CSU-Generalsekretär Thomas Goppel für die Zeit danach. "Goppel wird momentan total unterschätzt", so der CSU-Mann gegenüber der JF. Kein anderer sei an der Parteibasis so verwurzelt wie Goppel, "außerdem fühlt er sich ein bißchen als Rächer seines Vaters." Alfons Goppel, bayerischer Ministerpräsident von 1962 bis 1978, wurde von Strauß recht unsanft aus dem Weg geräumt, als der in Bonn keine Zukunft mehr für sich sah. Diese Narbe spüre auch der Sohn noch. Von Stoiber wurde Thomas Goppel aus dem bayerischen Kabinett verdrängt und auf den Posten des Generalsekretärs abgeschoben. Neuerdings bekommt er sogar noch Konkurrenz von Stoibers Intimus Michael Höhenberger, einem trockenen Bürokraten und Parteiapparatschik.

Ambitionen auf die Stoiber-Nachfolge will Goppel derzeit weder bestätigen noch dementieren. Man habe aber "in Bayern so viele gute Köpfe in der CSU, daß wir diese Aufgabe, falls sie sich nach dem 22. September stellt, schnell meistern werden", versichert er. Das sieht der SPD-Oppositionsfüher Franz Maget schon von Amts wegen ganz anders. "Der Nachfolger von Stoiber heißt Stoiber, und zwar für ein Jahr bis zur Landtagswahl", hofft der leidgeprüfte Genosse aus dem Freistaat. Die neuesten Umfragezahlen sprechen eine andere Sprache: Wäre am nächsten Sonntag Wahl, erhielte die Bayern-SPD nur 27 Prozent der Stimmen, FDP und Grüne je 7 Prozent, die CSU aber mit 55 Prozent die absolute Mehrheit.


 
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