© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    31-32/02 26. Juli / 02. August 2002

 
Meldungen

Bischöfin Jepsen kündigt Kurswechsel an

HAMBURG. Die Hamburger Bischöfin Maria Jepsen hat sich selbstkritisch über ihre erste zehnjährige Amtszeit geäußert und einen Kurswechsel angekündigt. "Ich werde sehr viel stärker auf Frömmigkeit achten und drängen", sagte sie in einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt. Sie habe anfangs stärker soziale Anfragen aufgenommen und erfahren müssen, daß die Frömmigkeit nicht überall stark genug ausgeprägt sei. "Wir sind in erster Linie die Gemeinschaft der Glaubenden und erst in zweiter Linie eine Institution, die sich um gesellschaftliche Fragen zu kümmern hat", so die Bischöfin. Die Kirche habe sich bei Strukturfragen in der Vergangenheit zu sehr an Finanzen orientiert, "statt den Glaubensfragen Priorität zu schenken". Sie selbst, so Jepsen, habe zwar die Frage der Frömmigkeit von Anfang an sehr ernst genommen, "aber vielleicht war mein Blick nicht scharf genug für die religiösen Defizite, die wir haben." Über die Ziele für ihre zweite zehnjährige Amtszeit sagte die Bischöfin: "Ja, ich möchte manche Dinge, die mit dem Glauben zu tun haben, offensiver angehen. Wir haben es nicht nötig, uns immer vornehm zurückzuhalten. Das gilt auch für den interreligiösen Dialog. Wir müssen und können deutlich Farbe bekennen. Das wird uns und unserer Gesellschaft guttun." Kritisch äußert sich die Bischöfin zur gegenwärtigen Imagekampagne der EKD: "Ich hätte mir klarere Aussagen gewünscht und auch provozierendere mit klarer Benennung von Kirche, Christus, Gott und der Bibel."

 

Romanist und Kritiker Werner Ross gestorben

MÜNCHEN. Der Schriftsteller und ehemalige Direktor des Goethe-Instituts, Werner Ross, ist vergangene Woche in München im Alter von 90 Jahren gestorben. Aus seinen zahlreichen Schriften ragt vor allem die 1980 unter dem Titel "Der ängstliche Adler" erschienene Nietzsche-Biografie heraus. Am 27. Januar 1912 in Uerdingen geboren, ging Ross nach Studium und Promotion bei Ernst Robert Curtius in Bonn als Lektor nach Italien und leitete von 1956 bis 1964 die deutsche Schule in Rom. Danach war er für acht Jahre Generalsekretär des Goethe-Instituts. Mit der Schrift "Das Deutsche in der Konkurrenz der Weltsprachen" machte er auf die Chancen der deutschen Sprache im Wettstreit mit anderen Sprachen aufmerksam. Gerade die von ihm geschaffene Arbeitsstelle für wissenschaftliche Didaktik lieferte die nötigen Instrumente, um den insbesondere in Osteuropa gestiegenen Erwartungen der Sprachvermittlung und der Fortbildung von Deutschlehrern gerecht zu werden. Nach seinem Rücktritt als Generalsekretär wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem Auswärtigen Amt widmete sich Ross wieder verstärkt der literarischen Arbeit und lehrte als Honorarprofessor an der Münchner Universität vergleichende Literaturgeschichte.


 
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